Re: Windenergie / Windrad


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Abgeschickt von bodo hermann in gruppe türkis architekten am 24 Oktober, 2011 um 17:46:54:

Antwort auf: Windenergie / Windrad von Nordlicht am 24 Oktober, 2011 um 15:54:32:

Zitat aus dem JURAFORUM-LEXIKON
3. Einhaltung bauordnungsrechtlicher Abstandsregelungen
Hinsichtlich ihrer optischen und akustischen Auswirkungen sind Windkraftanlagen mit Gebäuden vergleichbar und müssen deshalb die bauordnungsrechtlichen Abstandsbestimmungen einhalten (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen 29.08.1997 - 7 A 629/95 ; VGH Bayern 12.03.1999 - 2 ZB 3014.98).
Gemäß § 6 Abs. 10 BauO NRW,NW bemisst sich die Tiefe der Abstandsfläche für Windkraftanlagen nach der Hälfte ihrer größten Höhe. Die größte Höhe errechnet sich bei Anlagen mit Horizontalachse aus der Höhe der Rotorachse über der geometrischen Mitte des Mastes zuzüglich Rotorradius. Die Abstandsfläche ist dabei ein Kreis um den geometrischen Mittelpunkt des Mastes.
Hinweis:
Aus dem baurechtlichem Rücksichtnahmegebot können sich im Einzelfall größere Abstände zu baulichen Anlagen oder sonstigen Nutzungen ergeben.
4. Planungsrechtliche Zulässigkeit von Windenergieanlagen
Eine Windenergieanlage ist eine bauliche Anlage i.S.d. Bauplanungsrechtes, insoweit sind die §§ 29 ff. BauGB anwendbar. Zu prüfen sind die materiellen Voraussetzungen im Baugenehmigungsverfahren. Bei drei und mehr Windenergieanlagen bedarf es aufgrund von § 4 BImSchG eines immissionsschutzrechlichen Genehmigungsverfahrens.
Im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes ist ein Vorhaben zulässig, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht widerspricht. Zu prüfen ist zunächst, ob es sich bei der Windkraftanlage um eine Haupt- oder Nebenanlage handelt:
4.1 Zulässigkeit als Hauptanlage
Die Realisierung einer Windkraftanlage in einem vorhandenen Baugebiet als Hauptanlage ist nur zulässig, wenn die - gewerbliche - Zweckbestimmung dem Baugebietscharakter entspricht. Angesichts des regelmäßig mit einer Windkraftanlage verbundenen Störpotenzials kommt eine Errichtung regelmäßig nur in einem Gewerbe- bzw. Industriegebiet infrage. In der Praxis ist deshalb zur optimalen Ausnutzung geeigneter Flächen für die Windenergienutzung oftmals die Aufstellung eines Bebauungsplanes erforderlich, z.B. als vorhabenbezogener Bebauungsplan.
In einem solchen Bebauungsplan können auch die konkreten Standorte der einzelnen Anlagen festgesetzt werden. Neben der Art der baulichen Nutzung sind auch die anderen Festsetzungen eines Bebauungsplanes - z.B. zum Maß der baulichen Nutzung - zu beachten.
Im unbeplanten Innenbereich muss sich eine Windkraftanlage hinsichtlich der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB in den aus der näheren Umgebung abzuleitenden Rahmen einfügen. Dies kann in einem faktischen Gewerbe- und Industriegebiet bei vorhandenen Schornsteinen, Hochspannungsmasten, Kühltürmen usw. durchaus möglich sein. Stets ist aber - ebenso wie im beplanten Innenbereich - das baurechtliche Rücksichtnahmegebot zu beachten.
4.2 Zulässigkeit als Nebenanlage
Planungsrechtlich kann eine Windenergieanlage als Nebenanlage zulässig sein, wenn sie der Hauptnutzung dient und sich dieser unterordnet (Kriterien: Standort, räumlicher Umfang in Bezug auf Grundstücksgröße, Bebauungsdichte und Abmessungen der Hauptanlage).
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Zulässigkeit einer privaten Windkraftanlage (12 m hoch) für ein Einfamilienhaus in einem aufgelockert bebauten Gebiet bejaht. Wenn ein Teil des Stromes in das öffentliche Netz eingespeist wird, dient die Anlage der öffentliche Versorgung. Sie kann dann als Nebenanlage i.S.d. § 14 Abs. 2 BauNVO als Ausnahme zugelassen werden.
5. Beachtung des Nachbarschutzes im Baugenehmigungsverfahren
Von behördlicher Seite müssen die Belange der Nachbarn einer Windenergieanlage im Baugenehmigungsverfahren beachtet werden. Eine Genehmigung darf dann nicht erteilt werden, wenn die Windkraftanlagen zu unzumutbaren Störungen mit Blick auf die benachbarten schutzwürdigen Nutzungen (vor allem Wohnhäuser) führen können. Das OVG Nordrhein-Westfalen (23.01.1998 - 7 B 2984/97) hat hierzu festgestellt:
"Die Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung zur Errichtung mehrerer Windkraftanlagen in einem Windpark stellt sich bei summarischer Prüfung als offen dar, wenn die Anlagen unter bestimmten Bedingungen (Mitwind, höhere Windgeschwindigkeiten) an einem nächstgelegenen Wohngrundstück (Entfernung 565-750 m) Lärmimmissionen bewirken können, die über dem für die Nachtzeit relevanten Immissionsrichtwert liegen, die Baugenehmigung hierzu keine tauglichen Nebenbestimmungen (Auflage zur zeitweisen Abschaltung) enthält und zudem in längeren Zeiträumen (hier 80 Tage im Jahr und mehr) von den Anlagen hervorgerufene Lichteffekte in Form eines Schattenwurfes potenziell auf das Grundstück einwirken können."
In jedem Einzelfall ist deshalb eine gutachterliche Schall- und Schattenwurfprognose vom Antragsteller vorzulegen. Hierbei sind Vorbelastungen durch bereits vorhandene Anlagen zu berücksichtigen. Im Baugenehmigungsverfahren erfolgt die Beurteilung der Unterlagen unter Hinzuziehung des Staatlichen Amtes für Umweltschutz.
6. Rechtsprechung
Das OVG Nordrhein-Westfalen (22.10.1996 - 10 B 2385/96) hat die Erfolgsaussichten eines Drittwiderspruches gegen die Baugenehmigung für eine Windkraftanlage auf einem Grundstück in einem festgesetzten Industriegebiet als gegeben angesehen. Die Windkraftanlage sollte in einer Entfernung von nur 170 m von Wohngebäuden, die in einem reinen Wohngebiet belegen sind, errichtet werden. Im Hinblick auf von der Windkraftanlage ausgehende Belästigungen und Störungen wurde vom Gericht ein gebietsübergreifender Drittschutz bejaht (siehe Bauordnungsrecht und Nachbarschutz).
Nach Auffassung des OVG Schleswig-Holstein (20.07.1995 - 1 L 181/94) kann z.B. eine Windkraftanlage (30 kW) bei einem Abstand von nicht mehr als 170 m zu einer Wohnbebauung rücksichtslos sein.
Das OVG Rheinland-Pfalz (12.06.2003 - 1 11127/02) hat entschieden, dass eine etwa 90 m hohe Windenergieanlage mit Blick auf ein ca. 300 m entferntes Wohnhaus (im Außenbereich) keine erdrückende Wirkung ausübt.





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