Re: Duldungsbaulast im Neubaugebiet


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Abgeschickt von Bauamt am 15 Juli, 2012 um 16:20:35:

Antwort auf: Re: Duldungsbaulast im Neubaugebiet von H. Hallmackenreuther am 15 Juli, 2012 um 01:33:41:

Oha, es handelt sich um eine Baulast zur Duldung von Immissionen ?

Ich bin keine Stadtplaner und kein Fachmann für B-Pläne, aber soweit ich weiß sind derartige Duldungsbaulasten nicht zulässig zur Lösung von Immissionskonflikten.
Es dürfte sich um einen schwerwiegenden Abwägungsmangel handeln, der ggf. zur Unwirksamkeit des ganzen B-Planes oder zumindest einiger Festsetzungen führen könnte.

Da stellt sich einem die Frage, ob ein Wohngebiet an dieser Stelle und in der Nähe zum Kalksandsteinwerk überhaupt zulässig war.
Man muss sich nur kurz vorstellen, dass z.B. der Lärm des Werkes, den man ja dulden "muss", nachts einen gesunden Schlaf verhindert. Das führt dann zu einem Wohngebiet, in dem die Bewohner krank werden, sich aber aufgrund der erzwungenen Duldungespflichten nicht mehr wehren können.

Ich würde dringend dazu raten sich bei einem Fachanwalt beraten zu lassen.

: Ähem! Nachdem mich die Frage, was man so als Nachbar eines Kalksandsteinwerks alles zu erdulden hat, nicht ganz losgelassen hat, habe ich mir vorhin aus Langeweile einmal die Umgebung des einzigen mir persönlich bekannten KS-Werks auf GoogleMaps angesehen. Seltsamer Zufall, aber ich bin mir sicher, dass ich im vorletzten Winter bei einem Spaziergang sogar an Ihrem Haus vorbeigelaufen sein muss.

: Da werden einige Zusammenhänge natürlich etwas klarer. Kurz gesagt: Durch Ihr Baugebiet ist eine "empfindliche" Wohnnutzung näher an bestehende und genehmigte Industriebetriebe herangerückt. Wenn diese Betriebe zulässigerweise errichtet wurden, haben sie gegen derartige heranrückende Bebauungspläne einen berechtigten und nachvollziehbaren Abwehranspruch, da sie ansonsten irgendwann trotz gleichbleibender Immisionen den Betrieb einstellen müßten. Von Erweiterungen der Betriebe ganz zu schweigen. Damit man hier die Interessen der Industriebetriebe sowie das Verwertungsinteresse Ihrer Voreigentümer unter einen Hut bringen konnte, hat Ihre Stadt vermutlich schon statt einem Reinem Wohngebiet "unempfindlichere" Allgemeine Wohngebiete und Mischgebiete im Bebauungsplan festgesetzt. Das sorgt für höhere Grenzwerte. Da das anscheinend aber immer noch nicht gereicht hat, um den Bebauungsplan und die Vermarktung an dieser Stelle zu "retten", ist man vermutlich auf die Idee mit den Duldungsbaulasten gekommen. Man wollte sich seinerzeit also verpflichten noch weitergehende Grenzwertüberschreitungen zu dulden, damit die Industriebetriebe ihren Abwehrsanpruch im Planverfahren nicht geltend machen und schlußendlich der Bebauungsplan doch noch zur Freude der Voreigentümer "lebt" und aus ihrem Acker wertvolles Bauland macht.

: Mal davon abgesehen, dass ich eine solche Baulast für äußerst problematisch halte: Ich bin mir gar nicht sicher, ob sie den immissionschutzrechtlichen Konflikt in Ihrem Bebauungsplan überhaupt zulässigerweise lösen kann. Möglicherweise haben Sie nun sogar Abwehransprüche gegen die Industriebetrieb oder Ihr Bebauungsplan ist irgendwie latent von der Unwirksamkeit bedroht. Zu allem Überfluß haben Ihre Voreigentümer auch noch verpennt die Baulasten selber zu bestellen oder als Verpflichtung in die Kaufverträge zu schreiben, als sie noch die Hand drauf hatten und bevor alles an die ahnungslosen Endkunden verscherbelt wurde.

: Aus Ihrer Sicht dürfte eine solche Duldungsbaulast ein unkalkulierbares Risiko sein. Sofern die Duldung nur einen gewissen definierten Status Quo umfassen sollte, wäre das vielleicht noch überschaubar und hinnehmbar, da Sie die Wohnlage ja in bzw. trotz Kenntnis der Örtlichkeit ausgewählt haben. Aber Vorsicht! Ich würde eine Kiste Bier darauf verwetten, das man Ihnen einen Baulastentext vorlegen wird, der Sie verpflichten soll auch jedwede zukünftige Änderung oder Erweiterung der Industriebetriebe hinzunehmen. Das dürften Sie bei der Suche nach Ihrem Baugrundstück sicherlich nicht einkalkuliert haben. Wenn dann irgendwann mal bei Ihnen auch nachts gesprengt wird oder - noch besser - wieder regelmäßig Güterzüge an Ihrem Gartenzaun vorbeibrettern (Kurvenquietschen, nett!), dann können Sie sich freuen, dass Sie für diese "Wohnumfeldverbesserung" auch noch 180 Euro selber berappt haben. Unfassbar!

: PS: Eine kurze Frage aus Neugier: Steht Ihre Garage auf einer Erdgashochdruckleitung oder wurde die schon verlegt/stillgelegt? Gibt es dazu eine Grunddienstbarkeit in ihre Grundbuch oder wurde die - wie die Duldungsbaulast - auch "vergessen"?

: Einen schönen Sonntag
: H. Hallmackenreuther


: : Hallo Dirk Baumeister,
: : auch im Anschreiben der Freigabe des Bauvorhabens steht nur: "Es wird darauf hingewiesen, das für die Bauausführung und die Gestaltung der Außenanlagen die Festsetzungen zum Bebauungsplan Nr... für das Baugebiet .... der Stadt.... zu beachten sind." Nichts von einer Auflage über den Nachweis einer Baulast.
: : LG
: : Claudia

: : : ... könnte auch noch sein, dass in der Baugenehmigung eine Auflage oder auflösende Bedingung enthalten ist, die den Nachweis der Baulast zur Gültigkeit der Baugenehmigung verlangt. Ohne die Erfüllung verlöre die Baugenehmigung ihre Gültigkeit oder ist vielleicht erst gar nicht gültig geworden. Ein solches Szenario würde zumindest die Aussagen der Behörden nachvollziehbar machen.

: : : Der Hinweis im Bebauungsplan kann vielleicht noch keine Rechtsgrundlage darstellen. Aus der Begründung zum Bebauungsplan könnte sich jedoch durhaus auch ein sinnvoller und nachvollziehbarer Grund erkennen lassen, der die Eintragung der Baulast erklärt.

: :
: : :
: : : : Nunja,"...wird...eingetragen" klingt für mich nach einem netten unverbindlichen Hinweis aus der Vergangenheit, von dem ich mich in keinster Weise angesprochen fühlen würde. Damit es konkret würde, hätte da schon "...ist...einzutragen" stehen müssen. Aber nochmal: In einem Bebauungsplan kann nur ein bestimmter Katalog an Dingen geregelt werden. Alles andere nicht! Dieser Katalog ist abschließend (!) in § 9 Baugesetzbuch aufgeführt. Die Pflicht zur Eintragung von Baulasten gehört meiner Ansicht nach definitiv nicht dazu. Wenn in ihrem Bebauungsplan stünde, sie dürften im Garten nur Schlips und Krawatte tragen und ausschließlich rote Autos in der Auffahrt parken, würden Sie dem zu Recht doch auch nicht nachkommen. Die Festsetzung wäre nämlich nichtig, da ihr die Erforderlichkeit und vor allem die Rechtsgrundlage fehlt.

: : : : Aber davon mal ganz abgesehen. Eine "Duldungsbaulast" ist nur die Bezeichnung für eine bestimmte Sorte von Baulasten. Dies sagt aber nichts über ihren Inhalt aus. Der Inhalt einer Baulast muss aber immer näher bestimmt sein. Man kann sich nicht pauschal verpflichten irgendwie ALLES zu dulden. Interessant und aufschlussreich wäre es daher, zu wissen, wie der Text Ihrer Baulast nun lauten soll. Konkret: Was genau soll Ihr Grundstück erdulden, was sollen Sie im Detail und in welchem Umfang eigentlich zugunsten des KS-Werks hinnehmen? Lärm-/Staub-/Lichtimmissionen über das zulässige Maß hinaus, Fahr- oder Leitungsrechte auf oder unter ihrem Grundstück, Abstandsflächen an der Grenze, ...???

: : : : Ihr Bebauungsplan schweigt sich dazu vermutlich völlig aus. Das macht das Ganze meiner Ansicht nach nicht nur hinfällig sondern zusätzlich auch noch absurd. Sie könnten ja eine Baulast auf Ihr Grundstück eintragen, in der Sie dulden, dass z.B. der Eingentümer des KS-Werks an ungeraden Jahren Ostermontags für 15 Minuten kostenlos in Ihrer Auffahrt parken darf. Dann hätten Sie eine Duldungsbaulast zugunsten des KS-Werks. Bedingung des Bebauungsplans erfüllt! Da möchte ich dann gerne die Reaktion des Mitarbeiters in Ihrem Bauamt sehen. Hihi! Das ist aber alles Nonsens.

: : : : Ich vermute, dass die Abteilung Bauleitplanung in Ihrer Gemeinde ganz großen Mist gebaut hat (dazu bei Bedarf gerne auch ausführlicher). Und anstatt den Fehler zuzugeben oder ordentlich zu beheben, werden Sie nun über das Bauordnungsamt als schwächstes Glied der Kette gepiesackt. Den vermeintlich stadtbekannten und politisch bestens vernetzten Eigentümer des gewerbesteuerzahlenden KS-Werks will vermutlich niemand angehen. Vielleicht tut man ihm sogar einen Gefallen, in dem man ihm bei der Durchsetzung "seiner" benötigten Baulast assistiert. Eine mündliche Drohung (Ihnen gegenüber: OB-Verfahren/Schwarzbau) ist oft sehr schnell und voreilig ausgesprochen. Diesen Vorwurf aber rechtssicher in einen schriftlichen Bescheid zu gießen ist oft vielfach schwieriger. Da würde ich erst einmal schön die konkreten Vorwürfe und die Anhörung - ggf. begleitet durch einen Fachmann - abwarten, bevor ich mich bekloppt machen lasse. Und um noch einen Seitenhieb auf das Freistellungverfahren unterzubringen: Mit einer "ordentlichen" Baugenehmigung könnten Sie den Herren vom Bauamt gelassen vom Balkon winken und einen schönen Tag wünschen.

: : : : Wenn Sie sich darüberhinaus sicher sind, dass in Ihrem Grundstückskaufvertrag keine Verpflichtung zur Übernahme der Baulast enthalten war und das SIE die geforderte Baulast nicht für sich selbst brauchen, damit IHR Haus den bauORDNUNGSrechtlichen oder anderen Vorschriften entspricht, dann würde ich den Herrschaften einen Vogel zeigen oder wahlweise ganz gewaltig meine Hand aufhalten. Möglicherweise ist ja (inzwischen/durch den Bebauungsplan/die fehlende Baulast) das KS-Werk der "Schwarzbau" und nicht ihr Haus. Im Zweifelsfalle wäre es sicher ratsam einen versierten und fachkundigen Fachmann/Planer/Anwalt hinzuzuziehen. Derartige Details und komplexe Fallgestaltungen kann man nicht in einem Internetforum abhandeln.

: : : : Mit freundlichen Grüßen
: : : : H. Hallmackenreuther

: : : :
: : : : : Vielen Dank für die Antworten. Die Meinungen sind schon sehr unterschiedlich. Und ich als dummer Bürger weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Aber ich sehe auch überhaupt keine Rechtspflicht, diese Baulast auf unser Grundstück eintragen zu lassen. Im Bebauungsplan heißt es wortwörtlich: "Auf allen Grundstücken im Plangebiet wird eine Duldungsbaulast zugunsten der ....... eingetragen." Und wir wohnen hier schon 3,5 Jahre und jetzt ist dem Bauamt aufgefallen, dass wir diesen Passus im Bebauungsplan nicht umgesetzt haben und droht uns nun mit einem ornungsbehördlichen Verfahren und nennt unser Haus "einen Schwarzbau".
: : : : : LG
: : : : : Claudia

: : : : : : Die Frage ist doch vielmehr, ob überhaupt eine Rechtspflicht zur Übernahme der Baulast besteht. Das würde ich doch zumindest ernsthaft in Zweifel ziehen wollen. Woraus sollte sich denn diese Rechtspflicht ergeben? Dazu müßte man mal die konkrete "Festlegung" im Bebauungsplan kennen und den beabsichtigten Inhalt der Baulast. Dass sich die Pflicht zur Übernahme direkt aus einem Bebauungsplan ergeben soll, ist mir bisher noch nie untergekommen und und erscheint mir völlig abwegig. Im Baugesetzbuch/Planungsrecht ist mir ein derart durchgreifendes Konstrukt nicht bekannt.
: : : : : : Allein ein bauordnungsrechtliches Erfordernis als Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit des Hauses kann hier meiner Ansicht nach der Auslöser sein. Nur welches? Da das Freistellungsverfahren gewählt wurde, ist es möglicherweise der Baubehörde erst jetzt aufgefallen. Die Verletzung welcher öffentlich-rechtlichen Vorschrift oder Genehmigungsvoraussetzung für das Wohnhaus wird denn bei Fehlen der Baulast durch die Baubehörde überhaupt moniert?
: : : : : : Gegebenenfalls kann sich die Übernahme auch aus dem Grundstückskaufvertrag ergeben, wenn Sie eine Voraussetzung oder Bedingung für den Verkauf des Flurstücks war. Das wäre dann aber zivilrechtlich durchzusetzen und dürfte die Baubehörde nicht interessieren.
: : : : : : Ohne dass ich Anhaltspunkte dafür habe, würde ich spekulieren, dass die Gemeinde durch die Baulast unzulässigerweise einen unüberwindbaren immissionsschutzrechtlichen Konflikt im Bebauungsplanverfahren umschiffen wollte. Dann wäre aber eher der Bebuungsplan hinfällig als die Zulässigkeit des Wohnhauses.
: : : : : : Ohne Not würde ich mein Grundstück in keinem Fall durch eine Baulast belasten. Bei den Kosten würde ich mich völlig am Begünstigten schadlos halten. Der benötigt ja in aller Regel die Baulast zu irgendeinem Zweck. Im Gegenteil würde ich mir sogar die Minderung des Wertes meines Grundstücks vom Begünstigten ersetzen, wenn nicht gar versilbern lassen.
: : : : : : Da sollte mal den Gang zum versierten Fachmann nicht scheuen.

: : : : : : Mit freundlichen Grüßen
: : : : : : H. Hallmackenreuther

: : : : : :
: : : : : : : Nachdem Sie anscheinend eine Rechtspflicht trifft die Baulast zu übernehmen, wäre es doch recht merkwürdig, wenn ein Dritter dafür die Kosten tragen müsste.
: : : : : : : Der Dritte kann sich immerhin schlicht zurücklehnen und abwarten, während Sie ja rechtlich verpflichtet sind ....

: : : : : : : Rechtliche Hintergründe zu der Problematik sind mir aber nicht bekannt.

: : : : : : : : Wir sind vor 3,5 Jahren in einem Neubaugebiet ein Haus gebaut. Jetzt ist dem Bauamt aufgefallen, dass wir eine Duldungsbaulast zugunsten eines Kalksandsteinwerkes in unserer Nähe noch nicht unterschrieben haben. Wir werden wohl auch nicht umherkommen, weil es so im Bebauungsplan festgelegt ist. Die Frage ist, wer zahlt die Gebühr von 180,-€. In der Regel doch wohl der Begünstigte, also die Kalksandsteinwerke. Die Kostenfrage ist im Bebauungsplan nicht erwähnt. Ich weiß wohl, dass andere Bauherren die Gebühr bezahlt haben. Wie verhalte ich mich?
: : : : : : : : Nächste Woche haben wir einen Termin beim Bauamt, wie soll ich mich verhalten?
: : : : : : : : LG
: : : : : : : : Claudia





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