Re: Einfluss von Sortimentsliste und Einzelhandels- und Zentrenkonzept auf Nutzungs�nderungsantrag


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Abgeschickt von Martin Orth am 31 Juli, 2012 um 22:49:54

Antwort auf: Re: Einfluss von Sortimentsliste und Einzelhandels- und Zentrenkonzept auf Nutzungs�nderungsantrag von Bauassessor am 31 Juli, 2012 um 16:10:20:

Na ganz so ist es nicht. Sicherlich tendiert man selbst dazu Regeln und Gesetze zu seinem Vorteil auszulegen und die Interessen der Allgemeinheit zurückzustellen.

Allerdings haben wir uns einen Standort ausgesucht der doch recht nah an einem großen Wohngebiet liegt. Der Zentrumsbereich des benachbarten Bezirksteilzentrums liegt vielleicht 300 m Luftlinie entfernt.

Da wir in drei der letzten vier Jahren im gleichen Bezirksteilzentrum interimmsweise zu Karneval Karnevalskostüme auf verschieden großen Flächen von 145 - 320 qm angeboten haben, können wir auch ganz gut abschätzen wieviel Ummsatz wir über die Anwohner des benachbarten Bezirksteilzentrums machen würden. Wir schätzen dass es 60% wären.

So jetzt aber schluss damit. Vielen Dank für die kompetenten Antworten. So wie es derzeit aussieht wird der Vermieter kalte Füße bekommen und einen anderen Mieter bevorzugen. Einen, bei dem ein Nutzungsänderungsantrag ohne Probleme durchgehen würde. Vieleicht wird es ja eine der zahlreichen Vergnügungsstätten mit Geldautomaten zwecks Geldwäsche. :-(


: Die Grundgedanke der Planung ist, die wohnungsnahe Versorgung sicherzustellen - m�glichst auch f�r die Bev�lkerungsteile ohne Pkw. Daf�r braucht es ein dichtes Netz an Einzelhandelsbetrieben. Das funktioniert allerdings nur, wenn die Verkaufsfl�chen eine bestimmte Gr��e nicht �berschreiten.

: Wenn man Ihren Gedankengang folgt, haben wir irgendwann nur noch riesige Einkaufszentren an Autobahnabfahrten. Das ist dann ziemlich dumm, wenn ich in der tiefsten Eifel wohne und noch eine T�te Milch brauche...


: : Hallo,

: : dann bleibt mir nur der Weg �ber ein Gutachten oder die Beeinflu�ung des politischen Willens durch Pressearbeit und �ber die in k�ln sehr einflu�reichen Karnevalsvereine.

: : Ansonsten wird es dem Karnevalssortiment so wie den Spielwaren gehen. Die Gesch�fte werden aus den Innenst�dten verschwinden weil die Margen zu gering und die Mieten zu hoch sind. Desweiteren wird es keine gr��eren neuen Gesch�fte geben. Vielleicht einige Kleine in den Bezirksteilzentren die dann nach zwei bis drei Jahren wieder verschwinden weil sie in Punkto Angebot und Preis nicht mit Deiters / Toys'R US und dem Internethandel standhalten konnten.

: : Das Einzelhandels- und Zentrenkonzept l��t die betrieblichen und wirtschaftlichen Besonderheiten so mancher Branche ausser Acht. Das halte ich planerisch f�r sehr naiv.

: : Gru�

: : Martin

: : : Hallo,

: : : es gibt in NRW seit einigen Jahren eine Definition sogenannter Leitsortimente, die grunds�tzlich als zentrenrelevant einzustufen sind. Diese Sortimente sind relativ grob - darunter f�llt auch Bekleidung.

: : : Ich selbst wohne in Aachen und hatte einen �hnlichen Fall wie Sie zu betreuen. Ich kenne daher die Argumentation der Bezirksregierung K�ln, die ich pers�nlich auch teile.

: : : Wenn Sie anfangen, bestimmte "Untergruppen" eines Sortiments aufgrund saisonaler oder brauchtumsspezifischer Besonderheiten als nicht-zentrenrelevant einzuordnen, wird das gesamte System der Steuerung �ber zuentrenrelevante Sortimente in Frage gestellt. Als Beispiel: Skier und entsprechende Winterbekleidung sind in der Regel saisonal sehr begrenzt - man k�nnte daher argumentieren, dass ein Wintersportfachmarkt gro�fl�chig auch au�erhalb zentraler Versorgungsbereiche zul�ssig ist. Vergleichbares gilt f�r Bademode etc. Wenn man das zulie�e, h�tte man den Sportartikelbereich so diversifiziert, dass eine Vielzahl gro�fl�chiger Betriebe au�erhalb eines ZVBs m�glich w�ren und damit eine Gefahr f�r die Betriebe innerhalb der Zentren w�ren.

: : : Es gibt aber schon seit Jahrzehnten den politischen Willen, dass dieses Betriebe dort aus st�dtebaulichen Gr�nden hin sollen - die Umsetzung in den Kommunen wurde aber oft nicht entsprechend verfolgt.

: : : Sie f�hren lediglich betriebliche Gr�nde daf�r auf, dass Sie nicht in einen Zentralen Versorgungsbereich k�nnen. Die spielen bei der Beurteilung aber keine Rolle.

: : : Falls Sie jetzt argumentieren wollen, dass es hier weniger um saisonale Mode, sondern um "Brauchtumspflege" geht... Was sollen dann die Karnevalsanbieter im Ruhrgebiet sagen, die meinen, eine riesige Marktl�cke schlie�en zu wollen. Im Ruhrgebiet spielt Karneval eine unbedeutende Rolle (ich selbst bin geb�rtiger Ruhrpottler).

: : : Das Sie es als ungerecht empfinden, dass es Bestandsbetriebe gibt, die die Vorteile nutzen, kann ich nachvollziehen. Das ist aber kein von der Landespolitik verfolgtes Ziel gewesen, dass diese Betriebe sich dort ansiedeln, sondern ist die Folge einer jahrelangen laxen bauleitplanerischen Steuerung der Kommunen.

: : :
: : : : Als Laie das Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt K�ln argumentativ anzugreifen halte ich f�r etwas abenteuerlich. Immerhin waren an der Aufstellung des Konzepts garantiert mehr als nur eine handvoll Fachleute und Gutachter beteiligt. Ob Ihnen da Anwohner bei Ihrem Anliegen Recht geben ist dabei v�llig unerheblich.

: : : : Letztlich ist es schlicht so, dass der Bauherr beweispflichtig daf�r ist, dass sein Vorhaben nicht zu einer Schadigung im Sinne des �34 Abs. 3 BauGB f�hrt (f�r ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich).
: : : : Falls die Sch�digung nicht von vornherein offensichtlich ausgeschlossen werden kann, werden Sie nicht darum herumkommen ein eigenes Marktgutachten zu beauftragen, um so Sch�digungen auszuschliessen.

: : : : Der �11 Abs. 3 BauNVO kommt �brigens nur dann zur Anwendung, wenn das Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegt (im Unterschied zum o.g. unbeplanten Innenbereich).

: : : :
: : : : : Hallo Bauassessor,

: : : : : Vielen Dank f�r die ausf�hrliche Antwort. Jetzt m�chte ich etwas konkreter werden. Bei der Stadt handelt es sich um K�ln.

: : : : : Die Einordnung von Karnevalskost�men unter den zentrenrelevanten Sortimenten widerspricht der wirtschaftlichen Realit�t und behindert die weitere Entwicklung dieses Fachmarktsegmentes in K�ln.

: : : : : Ich werde denn Sachverhalt und dessen Auswirkungen etwas genauer dazulegen:

: : : : : Ein Betreiber eines ganzj�hrig ge�ffneten Karnevalsfachgesch�ftes ben�tigt zur Darbietung seiner Kost�me, Schminke, Per�cken und Accessoires ca. 800 m2 Verkaufsfl�che damit er als Vollsortimenter wahrgenommen wird und sich wirtschaftlich erfolgreich am Markt bew�hren kann. Will man seinen Kunden, eventuell auch Gruppen, Vereinen etc. eine entsprechende Gr��enauswahl an Kost�men anbieten, k�nnen es auch schnell mehr als 1500 m2 Verkaufsfl�che werden.

: : : : : Karnevalsbekleidung wird in der K�lner Innenstadt und den Stadtteilzentren bis auf wenige Ausnahmen auf sog. Aktions- bzw. Sonderfl�chen mit Gr��en zwischen 50 � 400 m2 verkauft. Diese Fl�chen werden in der Zeit von Anfang Januar bis Karnevalssamstag betrieben. Vor und nach Karneval werden die gleichen Fl�chen zum Verkauf anderer Waren verwendet, da sich der Verkauf von Karnevalsartikeln au�erhalb dieser Zeitspanne auf den sehr teuren Fl�chen (sehr hohe Miete) nicht lohnt. Auf diesen Fl�chen wird nur ein begrenztes Karnevalssortiment angeboten.

: : : : : Die gro�en Fl�chen der Karnevalsvollsortimenter befinden sich alle in Sonder- bzw. Gewerbegebieten und bieten ihren Kunden ausreichend Parkpl�tze. Dort sind die Mieten bzw. Immobilienpreise entsprechend g�nstig und der Betrieb eines ganzj�hrig ge�ffneten Karnevalsfachgesch�fts ist dort wirtschaftlich. Zweitniederlassungen in der Innenstadt k�nnen so subventioniert werden.

: : : : : Die Eingruppierung von Karnevalsbekleidung innerhalb der zentrenrelevanten Sortimente und die Anwendung des neuen Steuerungssystems f�hren dazu, dass Karnevalsvollsortimenter in Zukunft auf dem K�lner Stadtgebiet ausgeschlossen werden. In der Innenstadt bzw. den Stadtteilzentren sind keine einigerma�en attraktiven Verkaufsfl�chen in entsprechender Gr��e zu einem wirtschaftlich vertretbaren Mietzinns zu finden.

: : : : : Zus�tzlich bedeutet die Umsetzung des neuen Steuerungssystems eine Wettbewerbsverzerrung , da die alten Gesch�fte in den Gewerbegebieten Bestandsschutz haben und sich neue Gesch�fte in der teuren Innenstadt ansiedeln m�ssen.

: : : : : Ich glaube nicht, dass es unter diesen restriktiven Bedingungen in K�ln m�glich ist, einen geeigneten Standort zu finden. Ich schlage deswegen vor, das Sortiment Karnevalsbekleidung �hnlich dem von Baum�rkten, Gartencentern und Babym�rkten zu behandeln.

: : : : : F�r mich stellt sich jetzt die Frage ob die Argumentation nachvollziehbar ist und ob es �berhaupt Sinn macht die Sortimentsliste anzugreifen.

: : : : : Einen habe ich noch:

: : : : : Nach dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt K�ln soll es sich bei dem von uns gew�nschten Standort um einen Sonderstandort des gro�fl�chigen, nicht zentrenrelevanten Einzelhandels handeln. Siehe 1.1.3.4
: : : : : http://www.stadt-koeln.de/mediaasset/content/pdf15/teil_b1_stadtbezirk_innenstadt.pdf
: : : : : W�re dann nicht wieder � 11 Abs. 3 BauNVO im Spiel?

: : : : : Hinzukommt dass der Standort in unmittelbarer Nachbarschaft eines Bezirksteilzentrums liegt in dem sehr stark Karneval gefeiert wird. W�rde man die Anwohner fragen w�rden Sie sich �ber ein Karnevalsgesch�ft in Ihrer N�he freuen, da Sie dann nicht mehr kurz vor Weiberfastnacht in die �berf�llte Innenstadt m��ten. Wir h�tten ja sogar einen Lidl als Nachbar. Na der ist ja auch nicht zentrenrelevant sondern sichert die Nahversorgung. Warum keine Nahversorgung mit Karnevalskost�men zulassen? ;-)

: : : : : Viele Gr��e

: : : : : Martin

: : : : : PS: Ein Nutzungs�nderungsantrag dauert in K�ln derzeit ca. 6 bis 8 Wochern bis er durch ist. Der Vermieter wird sich zweimal �berlegen ob er den Antrag stellt und vielleicht doch versuchen schneller einen anderen Mieter zu finden.

: : : : :
: : : : : : Hallo,

: : : : : : die Frage, ob ein Sortiment zentren- oder nicht-zentrenrelevant ist, spielt in der Regel erst eine Rolle, wenn es sich um einen gro�fl�chigen Einzelhandelsbetrieb gem. � 11 Abs. 3 BauNVO handelt. D.h. in der Regel erst bei Vorhaben mit 1.200 qm Geschossfl�che bzw. - laut Rechtssprechung - mit mind. 800 qm Verkaufsfl�che.

: : : : : : In Ihrem Fall gilt allerdings der � 34 BauGB (Innenbereich). Hier sind solche Betriebe auch unterhalb der Gro�fl�chigkeit unzul�ssig, wenn sie sch�dliche Auswirkungen auf andere Zentrale Versorgungsbereiche in der selben Gemeinde oder in angrenzenden Gemeinden haben.

: : : : : : Da Karnevalskost�me als Bekleidung gelten (so die mir bekannte Interpretation der Bezirksregierung und der IHKn), muss also gepr�ft werden, ob durch Ihrer Realisierung der vorhandene Einzelhandelsbesatz an Karnevalsbetrieben innerhalb der zentralen Versorgungsbereiche gef�hrdet wird ODER eine Ansiedlung innerhalb eines Zentralen Versorgungsbereiches dadurch verhindert wird. Das bedeutet also, dass Sie ein entsprechendes Vetr�glichkeitsgutachten in Auftrag geben m�ssen in der Hoffnung, dass es auch von den beteiligten Beh�rden akzeptiert wird.

: : : : : : Einfacher w�re es daher f�r Sie, wenn das bestehende Gebiet als Mischgebiet mit einem Bebauungsplan �berplant wird und dabei die Einzelhandelsnutzung nicht �ber das �bliche Ma� eines Mischgebietes hinaus eingeschr�nkt wird.

: : : : : : Alternativ k�nnen Sie versuchen, Ihren Nutzungs�nderungsantrag zu stellen und zu hoffen, dass er nicht zur�ckgestellt wird, so lange das Einzelhandelskonzept der Stadt noch nicht genehmigt wurde.

: : : : : : Gru�,

: : : : : : Bauassessor

: : : : : :
: : : : : : : Hallo,

: : : : : : : ich beabsichtige in einer Stadt ein Karnevalsgesch�ft mit 570 qm VK-Fl�che zu er�ffnen. Leider hat die Stadt Karnevalskost�me in ihrer Sortimentsliste als zentrenrelevantes Sortiment deffiniert.

: : : : : : : Jetzt habe ich einen Standort gefunden der laut Fl�chennutzungsplan mit M (gemischte Baufl�chen) deffiniert ist. Es handelt sich um ein bestehendes Ladenlokal, welches bis vor kurzem als Tierfuttermarkt genutzt wurde.

: : : : : : : F�r das Gebiet gibt es derzeit keinen Bebauungsplan.

: : : : : : : Das Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt geht gerade durch den Rat ist aber noch l�ngst nicht beschlossen. In diesem Konzept hat die Stadt den von mir favorisierten Standort als "Sonderstandort des gro�fl�chigen, nicht zentrenrelevanten
: : : : : : : Einzelhandels" deffiniert.

: : : : : : : Macht es hier �berhaupt Sinn einen Nutzungs�nderungsantrag zu stellen, da die Stadt behaupten wird, dass die neue Nutzung als Karnevalsgesch�ft im Bezug auf die Art der Nutzung gegen das Einf�gungsgebot (weil Karnevalskost�me angeblich zu den zentrenrelevanten Sortimenten geh�ren) verst��t?

: : : : : : : Wer hat Tips, wer weiss Rat?

: : : : : : : Martin





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