Re: Rückwirkende Baugenehmigung


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Gesendet von H. Hallmackenreuther am 16 August, 2018 um 10:00:23:

Antwort an: Re: Rückwirkende Baugenehmigung posted by Bauassessor am 15 August, 2018 um 15:07:28:

Guten Morgen!

Wenn das Vorhaben in einer ehemaligen preußischen Provinz liegt, gab es ja Rechtsgrundlagen. Seit 1794 mindestens eine Anzeigepflicht und später auch schriftliche Erlaubnisse/Bauscheine. Teile der Rheinprovinz vor 1850 gegebenenfalls abweichend nach Code Napoléon, sonst nach dem Polizeiverwaltungsgesetz. Insbesondere seit 1875 unter anderem auch zur Einhaltung des preußischen Fluchtliniengesetzes und ab 1899 in jedem Fall auch schon geprüfte Bauanträge und technische Abnahmen.

Ich vermute mal, dass man "das Formelle" auch im vorliegenden Fall angesichts des Alters und der Lage möglicherweise hätte haben können oder müssen.

Bei früheren Bauvorhaben (Kölner Dom, etc.) wird wegen der unübersichtlichen Kleinstaaterei, Feudalherrschaft und vordemokratischen/vorrechtstaatlichen Zulassungspraxis häufig die Zulässigkeit des Vorhabens einfach unterstellt. Ob der örtliche Fürst/Graf/König/Erzbischof/sonstwas einst "seinen Daumen hob oder senkte", lässt sich ja meist nur noch selten oder nicht mit vertretbarem Aufwand rekonstruieren. Im Zweifelsfall ist halt derjenige in der Beweispflicht, der sich darauf berufen will oder muss.

Das betrifft meist aber nur die "formellen Aspekte". Was das "materielle" Recht angeht, wird es, je weiter man zurückgeht, wesentlich einfacher. Auch bei den späteren "preußischen" Vorhaben waren bis 1875 nur allgemeine baupolizeiliche Dinge zur Sicherheit, Ordnung - insbesondere Brandschutz - und Verunstaltungsabwehr bei Bauvorhaben einzuhalten. Danach dann noch die Fluchtlinien, so denn dort überhaupt welche festgesetzt waren. Die restlichen Dinge, wie zum Beispiel das heutige Bauplanungsrecht und weite Teile des heutigen detaillierten Bauordnungsrechts, gab es noch nicht. Da war damals dahingehend auch nichts einzuhalten. Quasi Teilbaufreiheit aus heutiger Sicht.

Ich würde daher durchaus unterstellen, dass Ihr Vorhaben damals materiell zulässig gewesen sein könnte. Aber ebenso hier ganz konkret auch einer formellen Erlaubnis bedurft hätte. Die gibt es nun wohl nicht oder niemand hat sie vorliegen. Damit gibt es meiner Ansicht nach auch keinen Bestandsschutz. Es kann ja keiner sagen, was genehmigt wurde und ob es heute auch noch so aussieht und ob nicht etwas verändert, erweitert, vergrößert wurde.

Ich gebe Ihnen allerdings Recht, ohne die damaligen Details des preußischen Rechts zu kennen und ob sie hier einschlägig sind, daß - sollte das Vorhaben damals "genehmigungsfrei" gewesen sein -
das Vorhaben durchaus heute auch noch komplett legal sein könnte. Da müsste der Eigentümer einfach unter Vorlage von Unterlagen zum Bauvorhaben und dem Gesetzestexten jeweils aus der Errichtungszeit diesen Umstand belegen, den die anderen Behörden heute abstreiten oder anders interpretieren.

Mit freundlichen Grüßen
H. Hallmackenreuther





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