Re: Abstützen des Nachbargrundstücks


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Abgeschickt von Markus Reinartz am 24 Dezember, 2005 um 14:11:10

Antwort auf: Abstützen des Nachbargrundstücks von Baumann am 16 Dezember, 2005 um 21:22:19:

BGB §§ 909 - 924 und 1004

weitere §§

Nachbarrechtsgesetz des landes Bayern

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Bauherr haftet auch ohne Verschulden für Schäden am Nachbargundstück bei Aushub.

Wer an der Grenze etwas wegbaggert, hat dafür zu sorgen "das das Nabargundstück seine erforderliche Stütze nicht verliert" BGB § 909

Fragen und Antworten zum Thema Nachbarrecht ( in NRW )


Grundstücksvertiefung

Was ist unter dem "Nachbargrundstück" im Sinne des § 909 BGB zu verstehen?
________________________________________
Als Nachbargrundstück ist jedes Grundstück anzusehen, welches durch die Vertiefung in Mitleidenschaft gezogen wird.
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Quelle: Bundesgerichtshof
Neue Juristische Wochenschrift 1971, S. 750


Was ist unter einer Grundstücksvertiefung im Sinne des § 909 BGB zu verstehen?
________________________________________
Unter Vertiefung ist jede Senkung der Oberfläche eines Grundstücks zu verstehen. Unbeachtlich sind Art und Zweck der Vertiefung. Bodenaushub ist nicht notwendig.


Wer muss beweisen, dass dem Nachbargrundstück die erforderliche Stütze fehlt?
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Beweispflichtig ist der Nachbar


Wen trifft im Rahmen des § 909 BGB die Beweislast?
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Der Betroffene muss die Absicht der Vertiefung sowie die Gefährdung beweisen. Der Nachbar hat dann zu beweisen, dass eine genügende anderweitige Befestigung existiert.


Liegt eine Vertiefung im Sinne des § 909 vor, wenn die Vertiefung ausschließlich auf Naturkräfte zurückgeht?
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Nein.

Liegt eine Vertiefung im Sinne des § 909 vor, wenn ein Hangfuß abgegraben wird?
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Ja.
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Quelle: Bundesgerichtshof
Neue Juristische Wochenschrift 1972, S. 629


Wann ist eine Grundstücksvertiefung zulässig?
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Die Grundstücksvertiefung ist zulässig, wenn für eine anderweitige Befestigung gesorgt ist (z. B. durch den Bau einer Stützmauer oder einer Böschung).


Auf welchem Grundstück ist die Befestigung vorzunehmen?
________________________________________
Die Maßnahmen müssen auf dem Grundstück vorgenommen werden, welches vertieft wird..


Wer entscheidet, welche Stütze erforderlich ist?
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Es entscheidet derjenige, der die Vertiefung vornimmt. Die notwendigen Maßnahmen haben sich nach den örtlichen Verhältnissen und dem zu erhaltenden Festigkeitsgrad zu richten. Die Befestigung muss schon zum Zeitpunkt der Vertiefung erfolgen.
________________________________________
Quelle: Bundesgerichtshof
Neue Juristische Wochenschrift 1975, S. 257


Wann darf der Grundstückseigentümer sein Grundstück nicht vertiefen?
________________________________________
Ein Grundstück darf nicht vertieft werden, wenn dadurch das Nachbargrundstück die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt wird.


Fällt unter den Begriff "Vertiefung" auch die weitere Vertiefung einer bereits bestehenden Vertiefung?
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Ja.
________________________________________
Quelle: Bundesgerichtshof
Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapiermitteilungen 1979, S. 1216


Wer trägt die Kosten der Befestigung?
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Die Kosten der anderweitigen Befestigung trägt der Vertiefende. Der Nachbar hat sich jedoch an den Kosten zu beteiligen, wenn sich durch die Schonung eines baufälligen Gebäudes die Aufwendungen unzumutbar erhöhen.
________________________________________
Quelle: Bundesgerichtshof
Neue Juristische Wochenschrift 1981, S. 50


Ist § 909 auch anwendbar, wenn sich das Bauwerk auf dem Nachbargrundstück in einem besonders schlechten baulichen Zustand befindet und deshalb eine ganz geringe Senkung nicht aushält?
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Ja, auch in diesem Fall besteht grundsätzlich ein Vertiefungsverbot. Nur in Ausnahmefällen, wenn das Interesse des Eigentümers an der beabsichtigten Maßnahme das des Nachbarn an der Erhaltung der Standfestigkeit des vorhandenen Gebäudes weit überwiegt, die drohenden Schäden nicht durch eine andere Planung vermieden werden können und der dem Nachbarn zu leistende Geldausgleich wirtschaftlich realisierbar ist, kann eine Duldungspflicht eintreten.
________________________________________
Quelle: Bundesgerichtshof
Neue Juristische Wochenschrift 1987, S. 2808


Wer kann den Anspruch aus § 909 BGB geltend machen?
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Anspruchsberechtigt sind der Eigentümer, jeder Miteigentümer, Wohnungs- und Teileigentümer, Erbbauberechtigte, Dienstbarkeitsberechtigte und der Nießbraucher.


Gegen wen kann der Anspruch aus § 909 BGB geltend gemacht werden?
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Anspruchsgegner ist derjenige, der die Störung vorgenommen hat oder hat vornehmen lassen. In Betracht kommen insbesondere der Eigentümer, der Besitzer oder der Nutzungsberechtigte


Welche Ansprüche stehen dem Berechtigten aus § 909 BGB zu?
________________________________________
In Betracht kommen der Beseitigungsanspruch und der Unterlassungsanspruch.


Wann kommt der Beseitigungsanspruch in Betracht?
________________________________________
Mit dem Beseitigungsanspruch kann nach erfolgter Vertiefung die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangt werden.


Wann kommt der Beseitigungsanspruch in Betracht?
________________________________________
Mit dem Beseitigungsanspruch kann nach erfolgter Vertiefung die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangt werden.


Wann verjährt der Schadensersatzanspruch?
________________________________________
Der Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an. Vgl. § 852 B.


Kann der Berechtigte unter Umständen auch Schadensersatz verlangen?
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Ja, allerdings nur dann, wenn das Verbot des § 909 BGB schuldhaft verletzt worden ist. Vgl. §§ 823 Abs. 2, 909 BGB


Wer soll durch § 909 BGB geschützt werden?
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Geschützt werden soll der Eigentümer des Nachbargrundstücks vor Schäden an seinem Grundstück.


Kommen als Anspruchsgegner auch der Architekt oder der Bauunternehmer in Betracht?
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Ja, diesen obliegt eine eigenverantwortliche Prüfpflicht; von dieser können sie nicht durch Weisungen des Bauherrn befreit werden.
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Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf
Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht 1975, S. 71, 87, 472


Grundstückserhöhung

Was ist unter einer "Bodenerhöhung" zu verstehen?
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Bodenerhöhungen sind Maßnahmen einer Person, die das Geländeniveau über das eines Nachbargrundstücks anhebt. Bodenerhöhungen sind z. B. Dämme, erhöhte Auffahrten, künstliche Hügel, Schutthalden, Bodenaufschüttungen, Erdwälle zu Einfriedungszwecken. Keine Bodenerhöhung stellt dagegen eine bodenerhöhende Angleichung des Niveaus an das Nachbargrundstück dar.


Welche Regelungen enthält das Nachbarrecht über Bodenerhöhungen?
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Gesetzliche Regelungen enthält § 30 Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen. Danach muss bei einer Bodenerhöhung ein solcher Grenzabstand eingehalten oder solche Vorkehrungen getroffen und unterhalten werden, dass eine Schädigung des Nachbargrundstücks insbesondere durch Abstürzen oder Abschwemmen des Bodens ausgeschlossen ist. Diese Verpflichtung geht auf den Rechtsnachfolger über


Wen trifft die Sicherungspflicht aus § 30 Abs. 1 Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen?
________________________________________
Die Sicherungspflicht trifft den Eigentümer des erhöhten Grundstücks. Sie geht auf den Rechtsnachfolger über


Welche Maßnahmen muss der Verpflichtete bei einer Bodenerhöhung treffen, um eine Schädigung des Nachbargrundstücks auszuschließen?
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§ 30 Abs. 1Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen lässt dem Verpflichteten die Wahl:
Er kann mit der Bodenerhöhung einen Abstand von der Grenze des Nachbargrundstücks einhalten oder
er kann andere Vorkehrungen treffen, zur Sicherung des Nachbargrundstücks treffen


Welche Vorkehrungen sind im einzelnen zu treffen, um eine Schädigung des Nachbarn auszuschließen?
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In Betracht kommen künstliche Sicherungsmaßnahmen wie der Bau einer Stützmauer, die Errichtung von Brettern oder Pfählen oder die Befestigung der Böschung


Welcher Grenzabstand ist bei Bodenerhöhungen einzuhalten?
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Es muss ein Abstand eingehalten werden, der verhindert, dass bei einem Abbröckeln oder Abrutschen der erhöhten Bodenfläche Erdreich auf das Nachbargrundstück gelangt. Der Abstand muss so groß sein, dass sich durch das Abbröckeln oder Abschwemmen eine natürliche und standsichere Böschung ohne Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks bilden kann.
Der Abstand beträgt 0,50 m, sofern das Nachbargrundstück außerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt und nicht in einem Bebauungsplan als Bauland festgesetzt ist. Auf die Lage des Grundstücks kommt es nicht an. Ein Abstand ist nicht einzuhalten, wenn das Nachbargrundstück nach Lage, Beschaffenheit oder Größe eine Bearbeitung mit landwirtschaftlichen Geräten nicht in Betracht kommt. Vgl. § 30 Abs. 2 Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen.


Welche Ansprüche räumt das Gesetz dem Nachbarn bei einer Bodenerhöhung, die nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht, ein?
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Gegen den Verpflichteten besteht ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB.
Bei einem schuldhaften Verstoß gegen § 30 Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen kann im Falle eines Schadens durch die Bodenerhöhung Schadensersatz verlangt werden. Vgl. § 823 BGB


Wer trägt die Kosten der Einfriedung?
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Maßgebend ist in erster Linie die Vereinbarung der Parteien. Andernfalls gilt folgendes:
Wenn der Grundstückseigentümer nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen zur Errichtung einer Einfriedung verpflichtet ist, der andere beteiligter Grundstückseigentümer jedoch weder zur Mitwirkung bei der Errichtung verpflichtet (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 2) noch dazu berechtigt ist (vgl. § 32 Abs. 2), also eine einseitige Verpflichtung zur Einfriedung besteht, so hat der zur Einfriedung verpflichtete Grundstückseigentümer allein die Kosten zu tragen.
Wenn beide Grundstückseigentümer zur gemeinsamen Einfriedung verpflichtet sind (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 2), so haben sie die Kosten der Errichtung zu gleichen Teilen zu tragen. Vgl. § 37 Abs. 1 Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen.
Gehen von einem Grundstück unzumutbare Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks aus, die durch eine Einfriedung verhindert oder gemildert werden können, und wird die Errichtung der Einfriedung ausdrücklich nur aus diesen Gründen von dem Eigentümer des Nachbargrundstücks verlangt, so hat der Eigentümer des Grundstücks die Kosten für die Errichtung der Einfriedung zu tragen, von dessen Grundstück die unzumutbaren Belästigungen ausgehen. Vgl. § 37 Abs. 5 Nachbarrechtsgesetz Nordrhein-Westfalen


Unterlassungsanspruch
Unterlassungsanspruch ist der Anspruch auf eine Unterlassung. Er vorbeugender (Unterlassung gegen künftige Beeinträchtigungen) oder beseitigender Art sein.


Schaden
Schaden ist jeder Nachteil, den jemand durch ein bestimmtes Ereignis an seinem Vermögen oder an seinen sonstigen rechtlich geschützten Rechtsgütern erleidet. Ob und in welcher Höhe ein Schaden vorliegt, ist nach der sogenannten "Differenzhypothese" zu ermitteln. Danach ist der Schaden die Differenz zwischen der tatsächlichen Lage, die infolge des schädigenden Ereignisses besteht, und der hypothetischen, die bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.


Vermögen
Vermögen im rechtlichen Sinne umfaßt alle geldwerten Rechte, die einer Person oder einer Personengruppe zustehen


OLG Koblenz, Urteil vom 17.07.2003 – 5 U 18/03

1. Eine deliktische Haftung des Bauherrn für baubedingte Schäden am Nachbargebäude scheidet aus, wenn er die Arbeiten von Fachleuten hat durchführen lassen, deren Sachkunde er vertrauen durfte. Architekt und Bauunternehmer sind keine Verrichtungsgehilfen des Bauherrn.

2. Für derartige Schäden schuldet der Bauherr jedoch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB einen angemessenen Ausgleich, wenn der Geschädigte die Beeinträchtigung nicht abwehren konnte.

3. Der Ausgleichsanspruch verjährt auch dann nach 30 Jahren, wenn daneben ein Anspruch aus unerlaubter Handlung in Betracht kommt, für den die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 BGB gilt.

Durch den Aushub einer Baugrube kommt es zu massiven Setzungsrissen am Nachbargebäude. Ein Fehlverhalten des vom Bauherrn beauftragten Architekten und des Bauunternehmers liegt nicht vor. Der Nachbar verlangt Ersatz des entstandenen Schadens.


Durch das OLG werden Ersatzansprüche bejaht. Eine deliktische Haftung gemäß § 823 BGB scheidet jedoch aus, da der Bauherr die Arbeiten nicht selbst ausgeführt hatte. Eine Zurechnung von Nachlässigkeiten des Architekten und/oder des Bauunternehmers käme nur gemäß § 831 BGB in Betracht. Beide sind jedoch nicht als Verrichtungsgehilfen anzusehen, so dass die Zurechnungsnorm nicht anwendbar sei. Der Bauherr haftet jedoch in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Danach haftet der Bauherr verschuldensunabhängig für sämtliche zurechenbare Einwirkungen auf das Nachbargrundstück, die nach § 1004 BGB unzulässig sind und die der Nachbar nicht abwehren kann.

Tipps:

Das Urteil bestätigt die bisherige Rechtsprechung in derartigen Fällen (vgl. BGH Urt. v. 11. Juni 1999 - V ZR 377/98; OLG Frankfurt IBR 1999, 217; OLG Celle IBR 1998, 347). Für den Bauherren ist diesbezüglich jedoch unbefriedigend, dass er selbst Ersatzansprüchen des Nachbarn ausgesetzt ist, während er gegen seine sorgfältig arbeitenden Architekten und Bauunternehmer keine Regressmöglichkeiten hat (OLG Frankfurt IBR 1999, 217). Für vertragliche Schadensersatzansprüche ist zwingend Verschulden notwendig. Sofern dies beim Architekten oder dem Unternehmer nicht vorliegt, scheidet daher eine Regresshaftung aus. Der Bauherr ist gut bereaten, im Vorfeld des Bauvorhabens zu klären, ob seine Bauherrenhaftpflichtversicherung für derartige Schäden eintreten muss.


Meine Beiträge im Forum stellen lediglich meine eigene Meinung und somit keine Beratung dar. Aus diesem Grund kann in dieser Hinsicht keinerlei Haftung übernommen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Reinartz

Freier Sachverständiger für Bauwesen

E. - Mail: ReinartzMarkus@t-online.de
Handy: 01702940223



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