Re: Abriss eines alten Hauses, Umgehungsmöglichkeiten des neuen Bebauungsplans


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Abgeschickt von Carlo am 29 Februar, 2004 um 12:05:41:

Antwort auf: Abriss eines alten Hauses, Umgehungsmöglichkeiten des neuen Bebauungsplans von Hahn, Olaf Kilian am 26 Februar, 2004 um 15:29:11:

Das Baufenster des neuen Bebauugsplans ist nicht unbedingt zwangsweise die Grenze. Als Baufenster bezeichnet man die planerische Darstellung des Flächenteils eines Baugrundstücks in einem Bebauungsplan, innerhalb der die Gebäude errichtet werden dürfen. Baufenster werden begrenzt durch Baugrenzen, Baulinien und Bebauungstiefen. Zu unterscheiden ist die überbaubare Grundstücksfläche von der zulässigen Grundfläche, die sich aus der Grundflächenzahl ergibt. Außerhalb des Baufensters können in der Regel Garagen (Grenzgaragen), Carports, Gartenhäuschen und dergl. errichtet werden. Das Baufenster kann die sich aus der Grundflächenzahl (GRZ) ergebende Bebauungsmöglichkeit einschränken.
Baufenster ist kein baurechtlich definierter Begriff, sondern ein Begriff aus der Baupraxis.

Grundsätzlich gilt die ausgenutzte Baugenehmigung solange, wie das Bauwerk besteht.
Nachfolgend als Beispiel die neueste Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Bestandsschutz:

a) Ausgangsfall:
Auf einem Grundstück im Außenbereich befindet sich - abgesetzt von einer weiteren Bebauung - ein Wohngebäude. Eine benachbart befindliche Scheune, die teilweise als PKW-Abstellplatz genutzt wurde, wurde aufgrund von Sturmwirkung so stark beschädigt, daß sie abgerissen werden mußte. Die Grundstückseigentümer wollten an ihrem Standort eine Doppelgarage errichten. Der entsprechnde Bauantrag wurde abgelehnt. Die Klage auf Erteilung der Baugenehmigung hatte keinen Erfolg.

b) Das Bundesverwaltungsgericht, dem dieser Fall zur Entscheidung vorlag (Urteil vom 12.03.1998, veröffentlicht im August-Heft der NVwZ des Jahres 1998, NVwZ 1998, 842 = UPR 1998, 228) führte zum Bestandsschutz folgendes aus:

Einen Anspruch auf Zulassung eines Vorhabens aus eigentumsrechtlichem Bestandsschutz außerhalb der gesetztlichen Regelungen gibt es nicht. Wie weit die Eigentumsgarantie des Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG reicht, ergibt sich aus der Inhaltsbestimmung des Eigentumsbegriffs, die nach Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Kurz: Bestandsschutz gibt es nur im Rahmen der einfachen Gesetze.

Ein auf Bestandsschutz gestützter Anspruch unmittelbar aus Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG gibt es daher nicht (vgl. auch BVerwG NVwZ 1998, 735).

Auch die Baufreiheit, die vom Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts umfaßt wird, ist nur nach Maßgabe des einfachen Rechts gewährleistet.

Allerdings sind die jeweils einschlägigen Gesetze, die den Eigentumsbegriff ausgestalten, verfassungskonform unter Berücksichtigung der Bedeutung der Eigentumsgewährleistung und des durch Artikel 14 GG geschützten Privateigentums auszulegen (vgl. BerwG NVwZ 1998, 735, 736, Urteil vom 07.11.1997).

Neben den gesetzlich geregelten Möglichkeiten gibt es deshalb keinen auf Bestandsschutz gegründeten Anspruch auf Zulassung von Veränderungen oder Erweiterungen baulicher Anlagen im Außenbereich (vgl. auch BVerwG, urteil vom 18.07.1997, DÖV 1998, 78).

c) Bezogen auf den hier zugrunde gelegten Fall führte das Bundesverwaltungsgericht folgendes aus:

Eine Doppelgarage ist im Außenbereich ein sonstiges Vorhaben, dessen Zulässigkeit sich nach § 35 Abs. 2 BauGB richtet. Sie beeinträchigt öffentliche Belange im Sinne dieser Vorschrift, weil sie die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten läßt. Eine Zersiedlungswirkung geht nicht nur von Wohngebäuden aus, sondern ebensogut von Gebäuden, die sonstigen Zwecken zu dienen bestimmt sind (vgl. BVerwG a.a.O., S. 844).

Ein Begünstigungstatbestand greift nicht ein. Weder greift § 35 Abs. 4 Nr. 3 noch Nr. 5 BauGB ein. Vor allem ist es unzulässig, die einzelnen Tatbestandsmerkmale eines Begünstigungstatbestandes mit Elementen anderer Begünstigungstatbestände anzureichern. Eine Kombination der verschidenen Nummern des 35 Abs. 4 BauGB ist unzulässig.

§ 35 Abs. 4 Nr. 3 BauGB greift vorliegend nicht ein, da kein gleichartiges Gebäude errichtet werden soll, denn die Nutzung des Ersatzbaus müßte mit der des zerstörten Bauwerks identisch sein (BVerwG a.a.O., S. 843).

§ 35 Abs. 4 Nr. 5 BauGB ist nicht erfüllt, da es sich beim Bau einer Garage nicht um die Erweiterung eines zulässigerweise errichteten Wohngebäudes handelt. Wenn ein zweites, räumlich vom vorhandenen ersten Bauwerk abgesetztes, eigenständiges Bauwerk geschaffen werden soll, handelt es sich nicht um eine "Erweiterung".

Das Argument, Wohnenden könne es nicht zugemutet werden, ihre Kraftfahrzeuge ungeschützt der Witterung und dem Zugriff von Autodieben auszusetzen, ist durch den Schutzzweck des § 35 Abs. 4 Nr. 5 BauGB nicht gedeckt.

Das BVerwG kehrte ausdrücklich von seiner zur Zulässigkeit von Wohngebäuden dienenden Garagen im Außenbereich früher vertretenen Auffassung (vgl. BVerwG Baurecht 1986, 302) ab.

Aus § 12 BauNVO ergibt sich keine andere Beurteilung, da der Gesetzgeber für die Zulassung von Vorhaben im Außenbereich mit § 35 BauGB eine eigenständige, als Planersatz dienende Regelung geschaffen hat, welche einen Zulässigkeitsmaßstab enthält, der sich von § 12 BauNVO schon deshalb abheben muß, da der Außenbereich anders als die festgesetzten Baugebiete von jeder ihm wesensfremden Bebauung grundsätzlich freigehalten werden soll. § 35 BauGB wird vom Leitgedanken größtmöglicher Schonung des Außenbereichs beherrscht.

Ein Anspruch aus Bestandsschutz (hier aufgrund eines Erfordernisses der zeitgemäß-funktionsgerechten Nutzung eines Wohngebäudes durch eine Garage) unmittelbar aus Artikel 14 GG besteht nicht. Aus Artikel 14 GG läßt sich keine eigenständige Anspruchsgrundlage herleiten, mit der man von einfachen Gesetzen vermittelte Ansprüche ergänzen und erweitern könnte.


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