Re: Haftung Architekt für Angaben im Angebot


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Abgeschickt von Markus Reinartz am 17 August, 2009 um 11:30:04

Antwort auf: Haftung Architekt für Angaben im Angebot von Baufamilie in Spe am 16 August, 2009 um 05:26:13:

: Hallo zusammen,

: Wir haben vor einiger Zeit einen Architekten, der als Buchautor überregional bekannt ist, gebeten, uns ein Angebot für eine Hausplanung zu machen.
: Grund war die in seinen Büchern beschriebene Bauweise, die uns grundsätzlich sehr gut gefallen hat und auch inhaltlich überzeugt hat.

: Wir haben von ihm ein Angebot erhalten, in dem auf sehr vielen Seiten (+ 100) beschrieben wird, wie genau der Wandaufbau aussehen wird, welche Materialien für Keller, Decken, Dach, Fenster, Bodenbeläge, etc. verwendet werden.
: Interessanterweise war mit diesem Angebot ein Vorschlag verbunden, dass der Architekt (sozusagen als Bauträger) das gemeinsam geplante Haus zum Festpreis baut.
: Er grenzt sich hierbei explizit gegenüber anderen Architekten und der großen Ungewissheit, die der Bauherr hinsichtlich der Baukosten hat, ab.

: In dem Angebot sind genaue Angaben über Baupreise für genau das angefragte Haus:
: zweigeschossig ohne Dachausbau,
: ca. 170 qm Wohnfläche mit der im Angebot beschriebenen Bauweise genannt und zwar als qm - Preis und als cbm Preis.

: Mit den gemachten Angaben des Angebots wird der Architekt mit dem Vorentwurf beauftragt, da die Kosten für die Baufamilie noch gerade im Budget lagen.

: Im Rahmen der Vorentwurfsentwicklung stellt sich allerdings heraus, dass die vom Architekten im Rahmen des Angebots gemachten Angaben zu den Kosten nicht ausreichen um ein analog beschriebenes Haus zu bauen.

: Die Kostenschätzung ergab eine Überschreitung des vorgegebenen Budgets von mehr als 20%, ohne dass Besonderheiten das konkreten Bauprojekts (kein Gasanschluss, somit Mehrkosten für Heizung, Zwang zur Einhaltung von KfW 60 Standard, etc.) überhaupt berücksichtigt worden waren.
: Rückfragen beim Architekten, welche Besonderheiten dieses konkreten Projekts zu den Überschreitungen bereits in der Kostenschätzung führten, blieben fruchtlos.
: Das Projekt ist in der Folge gescheitert.

: Jetzt stellt sich uns die Frage, inwiefern der Architekt sich auf die erlaubte Abweichung von 30% über die Budgetgrenze im Rahmen des Vorentwurfs berufen darf, wenn er im Prinzip alle wesentlichen Faktoren zur Bauweise bereits vorgibt und somit eine sehr viel geringere Ungewissheit hat als ein Architekt, der im Rahmen des Vorentwurfs überhaupt erst alle Materialdetails klären kann.
: Man muss noch hinzufügen, dass wir keinerlei Abweichung von den im Angebot beschriebenen Materialien sowohl für Roh- als auch Ausbau vorgenommen haben.

: Muss man als Bauherr dennoch das Honorar zahlen, wenn es sich in dem Angebot offensichtlich um ein Lockangebot gehandelt hat?
: Ein Hinweis darauf ist beispielsweise, dass der Architekt bei Beginn der Vorentwurfsentwicklung - also nach Beauftragung - bereits um 10% höhere Kosten ansetzt als im Angebot und auch dieser Ansatz deutlich verfehlt wird.

: Danke für Hinweise, die sicherlich auch für andere ähnliche Fälle hilfreich sein dürften.


Werter Forumsteilnehmer,

die Frage ob, wer und vor allem ab wann haftet und wann denn dann hierfür auch noch ein Honorar zu zahlen ist, ist eine sehr komplexe Frage bzw. ein sehr komplexer Zusammenhang dessen, was vereinbart wurde und der auf Ihre Anfrage hin nicht so einfach zu beantworten ist.

Vorrangig dürften hier (in dem von Ihnen geschilderten Fall) die getroffenen und hoffentlich vertraglich geregelten Vorgaben gelten, die Sie mit dem Architekten im Vertrag geregelt haben.


Im Übrigen ist Ihre Frage eine Rechtsfrage die nur von Juristen beantwortet werden darf.


Ohne nun die Vorgaben genau zu kennen, sollte es Ihnen -wenn auch ggf. unter Berücksichtigung von ein paar Einsparungen- aber ggf. dennoch trotzdem möglich sein Ihr Bauvorhaben zu realisieren.

Nachfolgend ein paar Urteile:

Architektenhaftung bei Baukostenüberschreitung
Kann der Bauherr beweisen, dass eine erhebliche Verteuerung eines Bauvorhabens auf ein Verschulden des beauftragten Architekten zurückzuführen ist, besteht die Möglichkeit, diesen auf Schadensersatz in Höhe eines Teils der Baukosten in Anspruch zu nehmen.

Eine Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen liegt beispielsweise vor, wenn der Architekt bei einem Kostenvoranschlag die Mehrwertsteuer vergisst und unrealistische Kubikmeterpreise zugrunde legt.

Urteil des BGH vom 07.11.1996, VII ZR 23/95. SZ vom 06.12.1997


Kostenüberschreitungen ohne Kostenermittlungsfehler: Kann Haftpflichtversicherung Deckungsschutz verweigern?
Die Ausschlussklausel in Ziff. IV.2 der BBR-AB umfasst lediglich Schäden aus der Überschreitung von Kostenschätzungen, Kostenberechnungen oder Kostenanschlägen. Es reicht nicht aus, dass sich das Fehlverhalten des Architekten letztlich irgendwie wirtschaftlich zu Lasten geschädigter Dritter auswirkt.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungsverträge (AHB; BBR/Arch) sind Fälle bestimmt, in denen ein Versicherungsschutz ausgeschlossen ist.
Beispiel
(nach OLG Celle , Urt. v. 28.11.2002 - 8 U 76/02 -)
Ein Architekt war mit der Planung eines Mehrfamilienhauses betraut. Nach der Planung des Architekten sollte das Haus an einer Seite in Grenzbebauung errichtet werden, und zwar ohne eigene Giebelwand. Später stellte sich heraus, dass eine eigene Giebelwand von vornherein erforderlich gewesen war. Für seine Fehleinschätzung nahm der Bauherr den Architekten in Anspruch. Der Architekt seinerseits machte Deckung gegenüber seiner Haftpflichtversicherung geltend. Die Haftpflichtversicherung lehnte unter Berufung auf die Versicherungsbedingungen BBR-AB Ziff. IV.2. wegen Überschreitung von Kostenschätzungen, Kostenberechnungen oder Kostenanschlägen den Deckungsschutz ab.

Das OLG Celle gab dem Architekten recht. Die Haftpflichtversicherung sei nicht berechtigt, unter Berufung auf die Ausschlussklausel den Deckungsschutz zu verweigern. Für eine Anwendung dieser Ausschlussklausel reiche – auch unter Berücksichtigung der BGH-Rechtsprechung (Urteil des BGH vom 28.05.1986 – IV.a ZR 231/84 -, BauR 1986, 606) – nicht aus, dass sich das Fehlverhalten des Klägers letztlich „irgendwie wirtschaftlich“, d.h. auch kostenmäßig zu Lasten geschädigter Dritter auswirke. Ausgeschlossen seien eben nur Schäden aus Überschreitung von Kostenschätzungen, Kostenberechnungen oder Kostenanschlägen, wobei es hier zu derartigen Kostenschätzungen, Kostenberechnungen oder Kostenanschlägen überhaupt noch nicht gekommen sei. Vielmehr habe sich der vom Bauherr geltend gemachte Schaden allein daraus entwickelt, dass der Architekt fehlerhafter Weise das Erfordernis der Errichtung einer zusätzlichen Giebelmauer verkannt habe.
Hinweis
Der BGH hatte in seiner oben zitierten Entscheidung tatsächlich eine weite Auslegung der Ausschlussklausel vorgenommen. Die Auslegung des BGH in seinem damaligen Urteil muss wohl so verstanden werden, dass er eine Anwendung der Ausschlussklausel jedenfalls dann für gerechtfertigt hält, wenn sich auch sonstige Fehler des Architekten jedenfalls irgendwie und irgendwann in den Kostenermittlungen auswirken. Das OLG Celle hat nunmehr eindeutig anders entschieden, und nach diesseitiger Ansicht richtig.

Soweit der Architekt – wie er eigentlich verpflichtet ist – während des Bauvorhabens Kostenermittlungen erstellt, wird und würde sich jeder Schaden, gleichviel aus welchem Grunde, in einer Überschreitung einer der Kostenermittlungen auswirken, womit die Ausschlussklausel mehr oder weniger allumfassend wäre. Dies kann nicht Sinn der Klausel sein. Sollte es aber doch Sinn der Klausel sein, wäre diese voraussichtlich nach den §§ 305 ff. unwirksam.

Bis es nicht eine neue Entscheidung des BGH (des 7. Zivilsenates) gibt, wird die Frage der Anwendbarkeit der Klausel letztlich nicht eindeutig beantwortet werden können. Architekten sollten wissen, dass Haftpflichtversicherungen heutzutage gegen Prämienerhöhungen auf die Ausschlussklausel verzichten. Jedenfalls hierüber einmal nachzudenken, sollte sich lohnen.


Vermeidung von Haftungsrisiken bei Baukostenüberschreitungen
I. Einleitung:

II. Wie müssen Baukosten vom Architekten ermittelt werden ?

Maßgebliche Vorschriften:
§ 15 II HOAI u. DIN 276 (für Kosten im Hochbau)

in Leistungsphase 2: Kostenschätzung (= überschlägige Ermittlung der Kosten)
DIN 276: 3.2.1
Die Kostenschätzung dient als Grundlage für die Entscheidung über die Vorplanung. Grundlage für die Kostenschätzung sind:
- Ergebnisse der Vorplanung, insbesondere Planungsunterlagen, z.B. versuchsweise zeichnerische Darstellungen, Strichskizzen
-Berechnung der Mengen von Bezugseinheiten der Kostengruppen, z.B. Grundflächen und Rauminhalte (DIN 277-1, DIN 277-2)
-Angaben zu Baugrundstück und Erschließung
In der Kostenschätzung sollen die Gesamtkosten nach Kostengruppen mindestens bis zur ersten Ebene der Kostengliederung ermittelt werden

in Leistungsphase 3: Kostenberechnung (= angenäherte Kostenermittlung)
DIN 276: 3.2.2
Die Kostenberechnung dient als Grundlage für die Entscheidung über die Entwurfsplanung.
Grundlagen für die Kostenberechnung sind:
-Planungsunterlagen, z.B. durchgearbeitete, vollständige Vorentwurfs- und/oder Entwurfszeichnungen (Maßstab nach Art und Größe des Bauvorhabens), gegebenenfalls auch Detailpläne mehrfach wiederkehrender Raumgruppen,
- Berechnung der Mengen von Bezugseinheiten der Kostengruppen
-Erläuterungen, z.B. Beschreibungen der Einzelheiten in der Systematik der Kostengliederung, die aus den Zeichnungen und den Berechnungsunterlagen nicht zu ersehen, aber für die Berechnung von Bedeutung sind.
In der Kostenberechnung sollen die Gesamtkosten nach Kostengruppen mindestens bis zur 2. Ebene der Kostengliederung ermittelt werden.

in Leistungsphase 7: Kostenanschlag (= möglichst genaue Ermittlung der Kosten)
DIN 276: 3.2.3
Der Kostenanschlag dient als eine Grundlage für die Entscheidung über die Ausführungsplanung und die Vorbereitung der Vergabe. Grundlage der Kostenentscheidung sind:
- Planungsunterlagen, z.B. entgültige vollständige Ausführungs- Detail- und Konstruktionszeichnungen,
-Berechnungen z.B. für Standsicherheit, Wärmeschutz, technische Anlagen,
Berechnungen der Mengen von Bezugseinheiten der Kostengruppen
-Erläuterungen der Bauausführungen, z.B. Leistungsbeschreibungen,
- Zusammenstellung von Angeboten, Aufträgen und bereits entstandenen Kosten.
Im Kostenanschlag sollen die Gesamtkosten nach Kostengruppen mindestens bis zur dritten Ebene der Kostengliederung ermittelt werden.

Leistungsphase 8: Kostenfeststellung (= Ermittlung der tatsächlich entstandenen Kosten)
DIN 276: 3.2.4
Die Kostenfeststellung dient zum Nachweis der entstandenen Kosten sowie gegebenenfalls zu Vergleichen und Dokumentationen.
Grundlagen für die Kostenfeststellung sind:
- geprüfte Abrechnungsbelege, z.B. Schlußrechnungen, Nachweise der Eigenleistungen
- Planungsunterlagen, z.B. Abrechnungszeichnungen,
- Erläuterungen.
In der Kostenfeststellung sollen die Gesamtkosten nach Kostengruppen bis zur 2. Ebene der Kostengliederung unterteilt werden. Bei Baumaßnahmen, die für Vergleiche und Kostenkennwerte ausgewertet und dokumentiert werden, sollten die Gesamtkosten mindestens bis zur 3. Ebene der Kostengliederung unterteilt werden.

III. Wovon hängt es ab, wie man als Architekt bei Baukostenüberschreitungen haftet ?

Die Haftung richtet sich danach, welche vertraglichen Vereinbarungen über Baukosten zwischen Bauherr und Architekt getroffen worden sind. Zu unterscheiden sind drei Varianten, deren Voraussetzungen und haftungsrechtliche Konsequenzen sich ganz erheblich unterscheiden.

Zu unterscheiden sind Verträge mit:

Fallgruppe 1. Baukostengarantie:

1.1 schärfster Form der Haftung:

- Architekt haftet verschuldensunabhängig
- für eigene Fehlkalkulation, darüberhinaus auch für Lohn- /Preisteigerungen anderer Unternehmer (Handwerker etc), Baustofflieferanten.

1.2 Wann ist ein Garantievertrag vereinbart ?

- wenn ein Architekt ausdrücklich, ein selbständiges Garantieversprechen im Hinblick auf die Einhaltung, der von ihm veranschlagten Baukosten abgibt. Der Architekt muss sich hierbei ausdrücklich verpflichten, persönlich für die Einhaltung der Baukosten einzustehen. Außerdem muss auch der Umfang der zu erbringenden Leistungen – d.h. ein bestimmtes Bauvolumen- im einzelnen feststehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.12.1991 –22 U 145/91):

Beispiele aus der Rechtsprechung zu Garantieverträgen:

Ja,:
wenn einem Architektenvertrag als „Anlage zum Vertragsentwurf“ eine „Garantie“ beigefügt ist, wonach der ein Architekt die Gewähr übernimmt die Baukosten von ..... Euro nicht zu überschreiten (LG-Köln, BauR 1999, 270)

Ja,:
wenn Architekt Baukostenzusammenstellung/Höchstpreisgarantie für das Bauvorhaben..., die mit Bau- und Nebenkosten in Höhe von.... abschließt, übersendet und anschließend eine weitere Kostenaufstellung über einen geringfügig höheren Betrag ( 1.212.900 DM statt zuvor 1.210.800 DM ) überreicht wird, verbunden mit der Aussage, dieser Betrag werde nicht überschritten (BGH Urteil vom 4.12.1986 VII 197/85).

Nein,:
wenn bei zweiter Besprechung zwischen Bauherrn und Architekten unter der Überschrift „Berechnung umbauter Raum vom....“ eine Aufstellung gefertigt wird, in der einzelne Beträge für Baukosten, Außenanlagen und die gesamten Herstellungskosten- und Entstehungskosten für Haus und Grundstück genannt waren. (OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.2.1999 - 9 U 30 /97).

Nein,:
wenn Architekt mehrmals ausdrücklich versichert, dass die von ihm in seiner Aufstellung genannten Baukosten zur Erstellung einer Kindertagesstätte in Höhe von ... nicht überschritten werden (OLG Hamm Urteil vom 22.1.1999, 12 U 203/96).

Nein,:
bei bloßer Bezifferung der „geschätzten Herstellungskosten“ in einer Honorarvereinbarung. Die Nichterwähnung der Verpflichtung zur Einhaltung des Baukostenlimits im Vertrag spricht gegen eine Garantiezusage (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.12.1991 – 22 U 145/91)

1.3 Zwei Sonderprobleme bei Garantieübernahmen

Berufsordnungswidriges Verhalten/Ausschluss des Versicherungsschutzes

Nach Auffassung einiger Architektenkammern, ist die Übernahme eines Garantievertrages (Baukostenfestpreisgarantie) sogar berufsordnungswidrig, weil der Architekt die Garantie für die Einhaltung der Kosten fremder Leistungen (Unternehmer, Handwerker Lieferanten) übernimmt, was er nicht darf.

Aus dem gleichen Grund schließt auch die Berufshaftpflichtversicherung den Versicherungsschutz aus.

1.4 Auswege:

Die Baukostengarantie verliert ihre Wirksamkeit, wenn die ursprüngliche Planung mit Wissen und Wollen des Bauherrn nachträglich grundlegend geändert wird.

Bsp. aus der Rechtsprechung: bei Modernisierungs- und Umbauarbeiten von drei Eigentumswohnungen werden vom Bauherrn erhebliche Grundrißänderungen/Änderungen der Raumaufteilung veranlasst (OLG Düsseldorf BauR 1995, 411).

2. Fallgruppe: „Bausumme ist vorgegeben“

2.1 Wann kann man von einer solchen Vereinbarung ausgehen ?

Ja,
wenn
„Kostenrahmen“
„Kostenlimit“
„Kostenobergrenze“

vereinbart.

Ja,
wenn
„Kostengrenze als Beschaffenheit des Architektenwerks“ vereinbart (BGH BauR 1999, 1319) („Kostenhöchstgrenze“, „Baukosten, nicht mehr als.....“ ).

Ja,
wenn (Preis-)Vorgabe des Bauherrn gegenüber dem Architekt vorliegt (OLG Naumburg, OLGR 2001, 410).

Ja, wenn Bauherr eine für den Architekten erkennbare konkrete Kostenvorstellung hat
(BGH, BauR 1999,1319)

Nein,
wenn in „zusätzlichen Vereinbarungen“ zum Architektenvertrag bei der genannt sind (OLG HammErmittlung des Honorars Baukosten konkret in Urteil vom 22.1.1999 12 U 203/96)

2.2 Pflichtverletzung des Architekten muss vorliegen:

Grundsätzlich bestehen Pflichten des Architekten zur
Kostenermittlung (siehe oben I zu DIN 276), fortlaufenden Kostenkontrolle, daraus folgend Warn- und Hinweispflichten gegenüber dem Bauherrn.

Beispiele für Pflichtverletzungen, die zur Baukostenüberschreitung führen können:

-Einzelpositionen im Leistungsverzeichnis vergessen
-sonstige Ausschreibungsfehler
-unterlassene Kostenermittlung oder Kostenkontrolle
- zu niedrig berechnete Kubatur, dadurch „mangelhafte“ Kostenermittlung
- mangelhafte Bodenuntersuchung, dadurch verursachte Mehrkosten für Tiefgründung
- Nichtberücksichtigung rutschgefährdeter Hanglage (dadurch Baumehrkosten)

Sonderproblem:
- bei Sonderwünschen/Änderungswünschen des Bauherrn besteht Aufklärungspflicht über anfallende Mehrkosten

2.3 Verschulden:
Maßstab: Vorsatz oder Fahrlässigkeit (im Verkehr übliche Sorgfalt außer Acht gelassen)

Verschulden des Architekten wird vermutet, wenn Bauherr Pflichtverletzung (Beispiele 2.2) darlegt und beweist.
Der Architekt kann das Verschulden aber widerlegen durch Nachweis:
-verteuernder Zusatz- Änderungswünsche des Bauherrn
- nicht voraussehbarer Lohn-Materialsteigerungen,
-nicht vom Architekten zu verantwortende Bauzeitenverzögerung, wenn dies zu Verteuerungen führen
-nicht vorhersehbarer Veränderung des Sandes der Technik,

2.4 Bauherr muss, um Schadenersatz geltend zu machen, zuvor, unter Setzung einer angemessenen Frist, die Nachbesserung verlangen, wenn dies möglich ist.

Dem Architekten muss die Möglichkeit zur Nachbesserung (Senkung der Baukosten durch Um- bzw. Neuplanung) gegeben werden.
Hierzu muss der Bauherr den Architekten auffordern und ihm eine angemessene Frist zur Erbringung der Nacherfüllung setzen.
Keiner Aufforderung zur Nachbesserung bedarf es, wenn diese nicht mehr möglich ist. Die Beweislast dafür trägt allerdings nicht der Architekt, sondern der Bauherr (OLG Düsseldorf BauR 1994,133).

2.5 Schaden:

Die Architektenhaftung wird nur ausgelöst, wenn ein Schaden beim Bauherrn eingetreten ist. Der Eintritt des Schadens muss kausal auf das Fehlverhalten des Architekten – d.h. dessen Pflichtverletzung- zurückzuführen sein.

2.5.1 Wie errechnet man den Schaden ?

Grundsatz: Der Schaden liegt in der Höhe der, über den Kostenrahmen hinausgehenden, Baukosten.

- Bereinigung der Bausumme:

Allerdings kann nicht einfach die z.B. im Kostenanschlag ermittelte Baukostensummen mit den letzlich angefallenen Baukosten verglichen werden, sondern es sind die Beträge in Abzug zu bringen, die auf Sonderwünsche, Änderungswünsche o.ä. zurückzuführen sind.
- Schadensreduzierung durch Vortseilsangleichung:

Eine Reduzierung des Schadens, im Extremfall bis auf 0, kann jedoch aus der sogenannten Vorteilsangleichung resultieren. Diese liegt vor, wenn sich der Auftraggeber einen Wertzuwachs anrechnen lassen muss. Davon spricht man, wenn der Mehraufwand zu einer Wertsteigerung des Grundstücks/der Immobilie geführt hat. Einschränkungen der Vorteilsausgleichung sind zu berücksichtigen, wenn der Bauherr die Wertsteigerung nicht gewollt hat, er diese also als aufgedrängt empfindet. Eine Reduzierung des Schadens findet also dann nicht statt, wenn die Wertsteigerung unzumutbar für den Bauherrn wird. Derartiges ist für Fälle angenommen worden, bei denen eine erhebliche Erhöhung der Baukosten und daraus resultierende Nachfinanzierung dazu geführt hat, dass die Finanzierung für den Bauherrn nicht mehr tragbar ist. Anders gesagt: Wenn sich wegen der notwendig gewordenen Mehrfinanzierung der Bauherr in einer die Opfergrenze übersteigenden Weise persönlich einschränken muss, findet keine Vorteilsausgleichung statt.

3. Fallgruppe: „Baukosten nicht vorgegeben“

Auch wenn die Baukosten nicht vorgegeben sind, - d.h. weder ein Garantievertrag noch eine Beschaffenheitsvereinbarung bezüglich der Kostenobergrenze vorliegen - kann eine Haftung des Architekten entstehen. Im wesentlichen gelten die gleichen Voraussetzungen wie zu 2..

3.1 Die Pflichtverletzung liegt in solchen Fällen darin, dass die, in den Kostenermittlungen angegebenen Baukosten, überschritten werden. Der wesentliche Unterschied zu den Fällen mit vorgegebenem Kostenlimit liegt darin, dass, da bei nicht vorgebeben Baukosten dem Architekten gewisse Toleranzen zugestanden werden, da naturgemäß zu Beginn des Bauprojektes, aber auch im mittleren oder etwas fortgeschritteneren Stadium die Kostenermittlung noch mit Unwägbarkeiten verbunden ist.

Zu vergleichen sind Verhältnis der ermittelte Kosten zu den zum Zeitpunkt der Kostenermittlung (je nach Leistungsphase) realistischen Kosten.

Da die Kostenermittlung mit dem Baufortschritt zunehmend genauer werden muss (s.o. II DIN 276), werden allerdings auch die Toleranzgrenzen geringer. Genaue Prozentzahlen lassen sich nicht bestimmen, da es in der Rechtsprechung eine Fülle von Einzelfallentscheidungen gibt. Allerdings kann als Faustformel etwa von folgenden noch zulässigen Toleranzwerten ausgegangen werden:

Kostenschätzung: Überschreitung von bis zu 30 % (OLG Stuttgart, OLGR, 2000,422)
Kostenberechnung: 20-25 %
Kostenanschlag 10-15 % (OLG Köln BauR 2002,978)

IV. Sonderproblem:

Kann eine Bauskostenüberschreitung auch eine Kündigung des gesamten Architektenvertrages aus wichtigem Grund rechtfertigen ?

Hierzu wichtige aktuelle BGH Entscheidung (VII ZR 395/01) Urteil vom 13.2.2003. Zugrunde lag folgender Sachverhalt:

Der Bauherr beauftragte den Architekten mit Architektenleistungen für die Errichtung eines Autohauses. Nach dem Vortrag des Bauherrn wurde dafür eine Baukostenobergrenze von 2 Mio. DM vereinbart. In dem vom Bauherrn unterzeichneten Bauantrag wurden die Kosten später jedoch mit 2.509.690, 60 DM angegeben. Nach einem von der Vorinstanz (OLG) in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten hätte die Planung der Gesamtbaukosten in Höhe von 2.745.500 DM verursacht. Der Bauherr entzog dem Kläger daraufhin den Auftrag, mit der Begründung, die Planung sei mit den ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln nicht zu realisieren.

Folgende Feststellungen des BGH zu diesem Fall sind von großer praktischer Relevanz:

- der Bauherr kann aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Architekt schuldhaft die Fortsetzung des Vertrags für den Auftraggeber unzumutbar gemacht hat.

- ein Mangel des Architektenwerkes liegt immer dann vor, wenn die Baukosten trotz Vereinbarung eines Baukostenlimits überschritten werden.

- wenn eine Baukostenobergrenze vereinbart ist, ist für Toleranzen kein Raum.

- die Aufnahme höherer Kosten in den Bauantrag stellt keine vertragliche Vereinbarung zur einvernehmlichen Erhöhung der Baukosten dar, wenn diese zuvor niedriger vereinbart waren. Dies gilt auch dann, wenn der Bauherr diese höhere Summe auf dem Bauantrag gegenzeichnet und den Bauantrag anschließend selbst an die Behörde weiterleitet.


Mit freundlichen Grüßen

Markus Reinartz

Freier Sachverständiger für Bauwesen

Hauptstraße 51
53894 Mechernich

E.-Mail: ReinartzMarkus@t-online.de
Handy: 0170 2940 223


PS. Meine Beträge in dem Forum hier, stellen lediglich meine Eigene Meinung und somit keine Beratung dar. Zuverlässige Angaben können generell und immer nur dann gemacht werden, wenn eine Augenscheinseinnahme am Objekt stattgefunden hat und die Erkenntnisse aus der Augenscheinseinnahme ausgewertet oder/und ggf. erforderliche Berechnungen angestellt wurden, die bislang in dem hier vorliegenden Fall nicht gemacht und angestellt wurden. Aus diesem Grund kann in dieser Hinsicht keinerlei Haftung und keinerlei Gewährleistung übernommen werden. Bei Rechtsfragen befragen Sie am besten immer einen Juristen. Sachverständige dürfen keine Rechtsfragen beantworten.



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