Re: Verbietet der Bandschutz das Abschließen der Haustür?


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Abgeschickt von Gast am 25 Maerz, 2004 um 12:12:59:

Antwort auf: Haustür abends abschliessen? von Thomas Lehmann am 23 Maerz, 2004 um 22:00:47:

Umstritten:

Zu den Streitigkeiten zwischen Bewohnern eines Hauses
zählt auch die Frage, ob die Haustür des Nachts
verschlossen werden soll. Es stehen sich hier Sicherungsinteressen,
das Haus in der Nacht durch das
Abschließen der Haustür besser gegen unerwünschte
Eindringlinge zu schützen, und Bequemlichkeitsinteressen
gegenüber, die Tür insbesondere für spät kommende
oder gehende Gäste nicht auf- und abschließen
zu müssen. Die Hausordnungen in vielen Mietshäusern
und auch in Wohnungseigentumsanlagen
geben den Sicherungsinteressen den Vorrang. Sie
sehen vor, daß die Haustür in der Nacht während
eines festgelegten Zeitraums verschlossen sein muß.
Brandschutzrechtliche Aspekte finden bislang wenig
Berücksichtigung. Im Folgenden soll daher geprüft
werden, inwieweit diese eine bestimmte Handhabung
vorgeben.
Die Rechtsprechung zum WEG hat sich der Thematik
nur unter anderen Gesichtspunkten bisher genähert.
So hat etwa das Bay0bLG (WuM 1988, 410) sich mit
der Auslegung eines solchen Beschlusses befaßt, der
vorsah, daß die Hauseingangstüre geschlossen zu
halten ist, so daß sie nur mit einem Schlüssel oder
über die Türöffnungsanlage geöffnet werden könne.
Während das Kammergericht (ZMR 1985, 345) feststellte,
daß ein Wohnungseigentümer nicht verlangen
könne, daß die Miteigentümer es unterlassen, tagsüber
kurzfristig den Schließmechanismus der Haustür
außer Betrieb zu setzen, obwohl die Hausordnung
vorsah, daß die Tür „generell geschlossen“ zu sein
habe. Allerdings seien die Begriffe „geschlossen“ und
„verschlossen“, d. h. nur mit Schlüssel zugänglich,
keineswegs gleichzusetzen. Das Gericht stellte fest,
daß es nicht ordnungsmäßiger Verwaltung widerspreche,
wenn es nach dem Mehrheitswillen der Eigentümergemeinschaft
den einzelnen Wohnungseigentümern
unbenommen bleiben soll, tagsüber kurzfristig
den Schließmechanismus der Haustür außer Funktion
zu setzen, beispielsweise wenn sie sich auf oder vor
dem Grundstück aufhalten und im Garten oder an
ihrem Kraftzeug arbeiten.
Das BayObLG (Rechtspfleger 1982, 218) hatte seinerzeit
für ein überwiegend Wohnzwecken dienendes
Gebäude festgestellt, daß die Sicherheitsinteressen
der Inhaber von Wohnungen zu berücksichtigen sind
und der Zweck einer mit elektrischer Sprech- und
Öffneranlage versehenen Haustüre darin besteht, den
Bewohnern ein bequemes Öffnen zu ermöglichen und
das unkontrollierte Betreten des Hauses durch Unbefugte
zu verhindern.
Schon zuvor hatte das LG Wuppertal (Rechtspfleger
1972, 451 ff.) für eine entsprechende Gebrauchsregelung
(§ 15 Abs. 2 WEG) gefordert, daß die Interessen
der Beteiligten am Offen- oder Geschlossenhalten der
Haustüre gegeneinander abzuwägen sind und festgestellt,
daß ein Beschluß, der in Wohngebäuden mit
Eigentumswohnungen das Offenhalten der Haustüre
gestattet, nicht ordnungsgemäß ist, wenn er berechtigten
schutzwürdigen Interessen der Minderheit zuwiderläuft
und seine Auswirkungen sich im Wesentlichen
gegen diese richtet. Das Gericht ging einerseits davon
aus, daß dem Bedürfnis zur Sicherung des Sondereigentums
vor Straftätern und dem Interesse, schon das
Treppenhaus und erst recht die Wohnung gegenüber
ungebetenen Besuchern durch die Sprech- und Türöffnungsanlage
gesichert zu wissen, tageszeitabhängig
unterschiedliches Gewicht beigemessen wird.
Eine Sonderregelung, die auf die Sprechstunden eines
im selben Hause praktizierenden Zahnarztes Rücksicht
nahm, wurde nicht als ordnungsgemäßer Verwaltung
entsprechend angesehen, da sie den
schutzwürdigen Interessen der mit ihren Wohnungen
an dasselbe Treppenhaus angrenzenden Wohnungseigentümer
zuwiderlief. Diester (Rechtspfleger 1972,
453), sah gar das Offenhalten der Hauseingangstür als
unzumutbar im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG an und
verneinte das Vorliegen einer Gebrauchsregelung, die
durch Mehrheitsbeschluß gefaßt werden kann (§ 15
WEG).
Brandschutz
Der Brandschutz ist Materie der Landesbauordnungen.
Diese sehen in allen Ländern vor, daß in jedem Gebäude
ein erster Rettungsweg in einer festgelegten
Entfernung von jeder Nutzungseinheit ins Freie führen
muß, bei größeren Gebäuden ist ferner ein zweiter
Rettungsweg notwendig. Es ist detailliert geregelt, wie
die Rettungswege sowie Flure und Treppen, über die
diese verlaufen, zu errichten sind. Wie die Türen, über
die die Rettungswege ins Freie führen sollen, beschaffen
sein müssen, ist hingegen nicht ausdrücklich
bestimmt. Vielfach sind indes Regelungen über die
Errichtung solcher Fenster vorhanden, über die der
zweite Rettungsweg ins Freie führen soll. Diese müssen
eine festgelegte Größe haben und zu öffnen sein.
Insgesamt enthalten die Bauordnungen damit ausdrückliche
Regelungen lediglich über die brandschutzgerechte
Errichtung der Gebäude. Auch die Regelung,
daß die Fenster zu öffnen sein müssen, ist so auszu-
legen. Sie gibt also nicht vor, daß das Fenster nicht
verschlossen sein darf, sondern bestimmt allein, daß
das Fenster überhaupt über einen Griff oder ähnliches
als Öffnungsmechanismus verfügen muß.
Die in Rede stehende Frage, ob die Ausgangstüren
abgeschlossen werden dürfen, betrifft hingegen nicht
die Errichtung, sondern den Betrieb eines gemäß den
Brandschutzbestimmungen errichteten Gebäudes. Ein
Verbot, die Tür zu verschließen, kann daher allein aus
der bauordnungsrechtlichen Generalklausel folgen,
nach der Gebäude so zu benutzen sind, daß die öffentliche
Sicherheit, insbesondere Leib und Gesundheit,
nicht gefährdet werden. Um den brandschutzrechtlichen
Gehalt dieser Bestimmung zu ermitteln,
sind die Erfordernisse über die Errichtung der Rettungswege
zu berücksichtigen. Das Gebot, daß jedes
Gebäude zumindest über einen gut passierbaren ersten
Rettungsweg verfügen muß, darf nicht leer laufen.
Die Passierbarkeit wird durch eine Tür, die sich von
innen nur durch ein besonderes Hilfsmittel (Schlüssel)
öffnen läßt, aber erheblich beeinträchtigt. Besondere
Gefahren drohen, wenn sich viele Menschen im Gebäude
aufhalten. die über keinen Schlüssel verfügen.
In Panik zum Ausgang laufende Menschenmassen
können dann auch einem Schlüsselinhaber den Weg
verstellen. Dem entspricht die in den Bundesländern -
entweder aufgrund einer Verordnung oder einer Verwaltungsvorschrift
- übliche Regelung, daß in Versammlungs-
oder Verkaufsstätten die Türen auf den
Fluchtwegen nicht verschlossen sein dürfen. Entsprechende
Gefahrenlagen können sich auch in Wohnhäusern
etwa bei einer Feier mit vielen Gästen ergeben.
Ferner darf man nicht übersehen, daß der Ausbruch
eines Feuers oder ein sonstiger Notfall die Bewohner
psychisch besonders beansprucht, so daß sie ihren
Schlüssel nicht schnell genug finden oder gar in der
Wohnung vergessen könnten. Dabei sind ältere Menschen
oder Kinder aufgrund ihrer Unerfahrenheit oder
Hilflosigkeit besonderen Gefahren ausgesetzt.
Die angeführten Argumente sprechen dafür, daß
Haustüren aus brandschutzrechtlichen Gründen nicht
verschlossen werden dürfen (so im Ergebnis auch
Franz, in: Simon (hrsg.), Kommentar zur Bay. Bauordnung,
12. Aufl. Stand: Mai 1999, Art. 38 Rdn. 9). Dieses
mag in Einzelfällen anders liegen. So mag etwa
bei Einfamilienhäusern wegen der Überschaubarkeit
der Situation eine andere Beurteilung angemessen
sein. Aus dem gleichen Grund mag auch das Verschließen
der Wohnungstür nicht zu beanstanden sein.
Es ist aber von dem Grundsatz auszugehen, daß die
Tür in einem Haus mit mehreren Wohneinheiten auch
in der Nacht nicht verschlossen werden darf. Wer dem
widerspricht, muß sich vorwerfen lassen, daß er in
Wirklichkeit die Gefahr zu wenig berücksichtigt, daß es
wegen des Ausbruchs eines Feuers oder aus einem
anderen Grund zu der Notwendigkeit kommt, die Rettungswege
benutzen zu müssen. Denn es drängt sich
doch gerade auf, daß eine verschlossene Ausgangstür
die Möglichkeit, das Haus zu verlassen, erheblich
erschwert.
Die Sicherungsinteressen haben dagegen eine weniger
hohe Bedeutung. Zum einen ist nicht einsichtig,
warum die Türen gerade in der Nacht abgeschlossen
werden sollen. Die Gefahr vor Einbrüchen ist am Tage,
wenn das Haus verlassen ist, eher größer als in der
Nacht, wenn die meisten Bewohner zu Hause sind.
Zum anderen könnten die Bewohner ihrem Sicherungsinteresse
dadurch genügen, daß sie ein Schloß
einbauen, das durch das Drücken der Türklinge von
innen auch aufgeschlossen wird. Hier entscheidet sich,
welchen Kostenaufwand der Hausgemeinschaft ihre
Sicherheit wert ist.
Konsequenzen
Das Verschließen der Ausgangstür unter Verstoß
gegen Bestimmungen des Brandschutzes kann sowohl
öffentlich-rechtliche, nämlich bauordnungsrechtliche,
als auch privatrechtliche, nämlich nachbarschaftsrechtliche,
Rechtsfolgen zeitigen. So könnte die Bauordnungsbehörde
den Bewohnern eines Gebäudes
durch Ordnungsverfügung aufgeben, die Ausgangstür
nicht zu verschließen, und für den Fall der Zuwiderhandlung
Zwangsmittel androhen. Bei der Entscheidung
über die Ordnungsverfügung ist den Behörden
aber Ermessen eingeräumt, und es ist fraglich, ob
diese ihr Entschließungsermessen dahin ausüben,
tätig zu werden.
Von größerer Bedeutung sind - jedenfalls in Hausgemeinschaften,
in denen der Hausfrieden bereits gestört
ist - die privatrechtlichen Folgen. Insoweit ist zunächst
festzustellen, daß eine Bestimmung der Hausordnung,
die die Bewohner zum Abschließen der Haustür verpflichtet,
gem. § 134 BGB in Verbindung mit der bauordnungsrechtlichen
Generalklausel unwirksam ist.
Denn sie verpflichtet die Bewohner zu einem gesetzwidrigen,
weil gegen die Brandschutzbestimmungen
verstoßenden Verhalten. Kein Bewohner ist also verpflichtet,
die Haustür abzuschließen. Vielmehr stellt
das Abschließen der Haustür ein rechtswidriges Verhalten
dar, das jedem Bewohner untersagt ist. Verstößt
ein Bewohner gegen dieses Verbot, können die
anderen ihn auch auf Unterlassung in Anspruch nehmen.
Der Unterlassungsanspruch wurzelt darin, daß
die Mitbewohner zumindest Mitbesitzer - in manchen
Fällen auch Miteigentümer - zur Freihaltung von allen
Gegenständen verpflichtet sind, über die der Rettungsweg
führt, weil dieser für die Nutzung ihrer Wohnung
unentbehrlich ist. Sie bilden daher eine Rechtsgemeinschaft
im Sinne der §§ 741 ff. BGB. Derjenige
Mitbewohner, der die Ausgangstür rechtswidrig
verschließt, überschreitet seine Befugnisse innerhalb
dieses Gemeinschaftsverhältnisses und verletzt den
Mitbesitz der anderen Mitbewohner.




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