Re: Rücksichtnahmegebot einseitig? mal wieder ich :-)


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Abgeschickt von Bauamt am 07 Oktober, 2011 um 22:15:23:

Antwort auf: Rücksichtnahmegebot einseitig? mal wieder ich :-) von elisa am 07 Oktober, 2011 um 15:00:22:

Also die Ausgangssituation kann ich ohne Pläne oder Ortskenntnisse nicht nachvollziehen.

Daher eine etwas allgemeinere Antwort:

Wenn sie die baurechtlichen Vorschriften einhalten (Abstandsflächen!) haben Sie ein einklagbares Recht auf Erteilung einer Baugenehmigung. Es ist dann irrelevant ob ein Nachbar zustimmt oder ablehnt.

Wenn Sie die baurechtlichen Vorschriften *nicht* einhalten ist es grundsätzlich eine Ermessensentscheidung der Baubehörde, ob das Vorhaben ggf. unter Erteilung einer Abweichung genehmigt wird oder abgelehnt wird.
Bei den Ermessenabwägungen *kann* die Behörde einer ggf. vorliegende Zustimmung eines betroffenen Nachbarn besonderes Gewicht widmen; sie kann seine Meinung aber auch ignorieren und trotz Zustimmung ablehnen.
Ob der Nachbar irgendwelche Abwehrrechte hat oder nicht, spielt hierbei erstmal nur eine Nebenrolle. Üblicherweise macht es die Entscheidung der Behörde aber leichter, wenn der Nachbar seine Rechte verwirkt hat (z.B. weil er selbst illegal gebaut hat) oder dem Bauvorhaben zustimmt. In diesem Fall bräuchte die Behörde nicht damit rechnen, dass der Nachbar gegen die Genehmigung klagt und gewinnt. Die Behörde kann aber das auch ignorieren und trotzdem ablehnen, v.a. wenn sie sich ihrer richtigen Rechtsauffassung sicher ist und eine Klage nicht scheut.

Oder anders gesagt:
Aus Sicht der Behörde geht es in sehr schwierigen und komplizierten Sachverhalten letztendlich um folgende Frage: Wer hat die größeren Chancen bei einer Klage zu gewinnen ? Der Nachbar, wenn er gegen die Baugenehmigung klagt, oder der Bauherr wenn er auf Erteilung der Baugenehmigung klagt.
Sollte diese Frage überhaupt nicht zu beantworten sein, so lehnt man im Zweifel die Baugenehmigung ab und lässt den Bauherrn klagen.
Es wäre unbillig einen Nachbarn, der ja eigentlich nichts macht und nichts will, ohne sein Zutun in ein Klageverfahren zu zwingen.

: Hatte schonmal einen Thread geschrieben...

: Nochmal die Ausgangssituation:

: Bauherr A möchte ein Einfamilienhaus mit 2 Vollgeschossen bauen, auf beide Grenzen da schmales Grundstück.
: Nachbar B hält selbst Abstand, stimmt aber zu.
:
: Nachbar C steht selbst auf beiden Grenzen (also auch auf der Grenze des Bauherrn), stimmt aber NICHT zu.

: Er würde nämlich auf der Rückseite seines Hauses von einem einzelnen Fenster aus, welches unmittelbar an der Grenze (also im 90° Winkel) liegt, einen "Tunnelblick" bekommen.

: Das Bauvorhaben des Bauherrn füge sich bauplanerisch gesehen absolut ein. Der Tunnelblick für den Nachbarn C ergibt sich, weil dessen Haus sich eigentlich nicht in die ortsübliche Bebauung einfügt.

: Das Haus von Nachbar C ist zwar schon 80 Jahre alt, aber auch da war schon eine ortsübliche Bebauung schon vorhanden.

: Und das Bauvorhaben des Bauherrn A ist planungsrechtlich bedingt nur versetzt möglich.

: Des Weiteren hat Nachbar C eine Grenzbebauung von insgesamt knapp 40m,und Fenster in der Brandwand zum Bauherrn. Seine Gebäudehöhe ist ca 12m, 3 Vollgeschosse.

: Kann sich Nachbar C unter diesen Umständen auf nachbarliche Abwehrrechte berufen, also verlangen, dass der Bauherr seinerseits den 3m-Streifen für immer freihält?

: Das Bauamt droht nun dem Bauherrn mit Ablehnung des Bauantrags mit Begründung, die Abwehr des Tunnelblicks sei nachvollziehbar. Und Bauherr A solle den 3m-Streifen zur Grenze des Nachbarn C nur eingeschossig bebauuen, weil damit wäre Nachbar C einverstanden.

: Die Ablehnung sei allerdings nicht sicher, sondern müsse nochmal abgewogen werden.

: Hätte Bauherr A im Fall einer Ablehnung Chancen dagegen vorzugehen?

: Das Rücksichtnahmegebot soll ja gegenseitig sein. Ist es da maßgeblich, wer zu erst da war oder Bestandsschutz hat? Gerade wenn von dieser vorhandenen Bebauung schon sehr viele Einschränkungen für das Baugrundstück existieren.

: Der Tunnelblick für Nachbar C ergibt sich so oder so, nur wäre er im Falle eines Abstandes 3 Meter breiter und das Haus des Bauherrn A eben 3m schmäler.
: Dagegen könne der Nachbar dann nichts machen.

: Auf der anderen Seite hat der Bauherr A auf seinem Grundstück sowieso schon sehr viele Einschränkungen( keine Sonne im Garten, da komplette Verschattung duch 12m hohe und 40m lange Grenzbebeauung und Fenster in der Brandwand).

: Kann das Bauamt den Bauherrn jetzt zu einer eingeschränkten Nutzung seines Grundstücks drängen, weil dieser einerseits das Planungsrecht beachten muss und andererseits Rücksicht auf Nachbar C nehmen muss?

: Denn in diesem Fall steht Nachbar und Planungsrecht eben widersprüchlich zu einander.

: Wäre unter diesen Umständen der "Tunnelblick" allein Grund genug, um das Bauvorhaben ( auch gerichtlich) abzulehnen?

: Alle anderen Bedingungen werden eingehalten (Brandschutz, Einfügen...)

: Im Voraus vielen Dank für eine Meinung.

: Gruß
: elisa
:




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